Bericht aus dem Kreistag Vorpommern-Greifswald: CDU/AfD gegen Bio-Tonne

Vorpommern-Greifswald ist einer der wenigen Landkreise in Deutschland, der noch immer keine Bio-Tonne eingeführt hat. Ursache ist der Kreistag, der sich seit Jahren dagegen wehrt und auf die vorhandenen Entsorgungsmöglichkeiten verweist. Somit aber bleibt der Landkreis weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Robert Gabel, Kreistagsmitglied der Tierschutzpartei, besichtigte vor einigen Wochen gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Hannes Damm die Kompostierungsanlage Reinberg. Dort werden Biomüll und Grünschnitt aus dem Nachbarlandkreis Vorpommern-Rügen angeliefert. Geschäftsführer Eiko Potreck erläuterte, wie gut das System im Nachbarlandkreis funktioniert und wie der Kompost von den Landwirt:innen der Region gern angenommen wird. Über eine Ausweitung der Anlieferung aus Vorpommern-Greifswald würde man sich durchaus freuen, so war zu erfahren.

Auf der Dezember-Sitzung stimmte die rechte Mehrheit des Kreitags nun zum dritten Mal bereits gegen die Einführung einer Bio-Tonne!

Anja Hübner, Kreistagsabgeordnete der Tierschutzpartei und für die Fraktion „Grüne und Tierschutzpartei“ im Landwirtschafts- und Umweltausschuss, setzt sich leidenschaftlich für die Einführung der Biotonne ein und kennt die Ausreden zu Genüge:

„Es muss nicht zu Mehrkosten kommen, sondern man kann intelligente Abholsysteme einführen, die unterm Strich sogar Kosten sparen. Auch ist der angebliche Plasteanteil durch verbesserte Technik reduzierbar. Man muss technische und organisatorische Lösungen voranbringen, statt gestrige Einstellungen für die Herausforderungen von heute und morgen zu verteidigen. Es muss bei der Einführung der Biotonne auch nicht zwangsläufig zu Mehrkosten kommen, sondern man kann intelligente Abholsysteme einführen, die unterm Strich sogar Kosten sparen. Auch ist der angebliche Plastikanteil durch verbesserte Technik reduzierbar. Man muss technische und organisatorische Lösungen voranbringen, statt gestrige Einstellungen für die Herausforderungen von heute und morgen zu verteidigen.“

Robert Gabel, stv. Fraktionsvorsitzender, ergänzt:

„Der Kompost aus Bioabfällen ist eine wertvolle Bereicherung und dies trotz der zu pauschal gestrickten EU-Düngemittelvorgabe. Dass es dennoch vielerorts bestens klappt, sollte für den Kreistag Vorpommern-Greifswald ein deutliches Signal sein, eine Kehrtwende einzulegen. Vor dem Hintergrund, dass Kunstdünger ein hochproblematisches Importgut ist und Gülle aus Tierhaltung mit großer Ressourcenverschwendung einhergeht, sollten wir umdenken und die Biotonne endlich einführen. Perspektivisch ist es auch dringlich und ratsam, mit Bioabfällen einen Teil der Erdgasproduktion zu ersetzen.“

Ulrike Berger von den Grünen wird ebenfalls deutlich:

„Einmal mehr wurde gestern im Kreistag deutlich: Rein aus ideologischen Gründen lehnt die CDU einen Prüfauftrag zur Biotonne ab, ignoriert dabei Gesetze – wie das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das eine umweltverträgliche Nutzung von Abfällen vorsieht – und Fakten. Dabei ist der Landkreis gemeinsam mit den Landkreisen Vorpommern-Rügen und der Mecklenburgischen Seenplatte Gesellschafterin der OVVD GmbH (Ostmecklenburgisch-Vorpommersche Verwertungs- und Deponie GmbH) und unterhält in Reinberg eine Kompostieranlage. Diese wandelt den Biomüll aus Vorpommern-Rügen zu Kompost um und vermarktet ihn. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage, soll die Kapazität der Kompostieranlage zeitnah nahezu verdoppelt werden. Umso unlogischer ist es, dass sich sowohl der Landrat, sein Stellvertreter als auch die CDU-Fraktion die Abnahme des Biomülls in Frage stellen. Biomüll ist wertvoll und wir können es uns ob der aktuellen Energie- und Rohstoffkrise nicht leisten, den Biomüll in Vorpommern-Greifswald ungenutzt zu entsorgen! Wir müssen auch das Rohstoff-Potential aus heimischen Biotonnen für Biogasanlagen nutzen, um unabhängiger von Gasimporten zu werden. Ein weiteres Argument ist die BürgerInnenfreundlichkeit. Es ist nicht sinnvoll, dass die Bürgerinnen und Bürger einzeln und auf ihre Kosten ihren Grünschnitt zu den Wertstoffhöfen fahren und dort in Warteschlangen stehen müssen.“ Quelle

Das Ende der Ostsee-Fischerei: welche verzweifelten Rettungsversuche man sein lassen sollte und was stattdessen Zukunft hat

Unsere Meere sind fast leer gefischt und voll mit Schadstoffen. Insbesondere die Ostsee ist eines der verschmutztesten Gewässer der Erde. Schuld daran sind neben dem geringen Austausch mit Nordsee/Atlantik die Einbringungen der Agrarindustrie und die rostende Weltkriegsmunition, wodurch gefährliche Giftstoffe freigesetzt werden.

Was wären die vernünftigen Schritte der Politik? Die Landwirtschaft ökologischer machen, die Weltkriegsmunition bergen, die Ostsee von Müll befreien. Und vor allem nicht weiter in das Ökosystem eingreifen.

Die Antwort auf sinkende „Fischbestände“ darf nämlich nicht sein, noch mehr Subventionen in die Fischereiindustrie zu stecken oder die Fangquoten zu erhöhen. Die Antwort darf auch nicht sein, andere Tierarten, die als Konkurrenten angesehen werden, zu bejagen.

Fischer wollen nämlich allzu gerne Kormorane, fischfressende Meerestiere und insbesondere Robben töten, um ihr Einkommen zu sichern. Und nicht wenige Politiker von rechts der Mitte gehen leider immer wieder bejahend darauf ein, von der kommunalen bis zur EU-Ebene!

In Greifswald hat die lokale Politik die Situation erkannt und möchte etwas unternehmen. Zum Einen sollen Fische ausgesetzt werden, zum Anderen soll Algenproduktion geprüft werden. Das Aussetzen von Fischen leider nur für den Zweck, damit sie später gefangen und verkauft werden können.

Die Algenproduktion hat jedoch Potenzial, etwas Nachhaltiges zu sein, das die Umwelt schont und zugleich Arbeitsplätze schafft. Doch leider ist es nur eine vage Prüfung, die die Stadt als Projekt der Universität in Aussicht stellt.

Aber man will auch die ansässigen Fischer:innen mit Geldbeträgen unterstützen, damit sie nicht pleite gehen. Und man will Nachwuchs für einen unattraktiven, aussichtslosen Beruf gewinnen, etwa auf Jobmessen.

Die PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ hat sich vehement gegen diese Maßnahmen ausgesprochen, mit Ausnahme der Algenproduktion.

Letztere ist die eigentliche Zukunft, auf die wir dringend umrüsten müssen. Denn aus Algen kann man sehr viele Produkte herstellen, von Medizin über Papier und Zahnpasta zu Textilien oder Pflaster. Und natürlich Lebensmittel. Vor allem Fischersatz oder auch Kaviaralternativen.

Leider wird das Potenzial in der Öffentlichkeit noch immer nicht erkannt. Auch die Ostsee-Zeitung sieht in der Algenproduktion nur ein „ambitioniertes Konzept für ein touristisches Highlight aber von fragwürdiger Wirtschaftlichkeit.“

Die einzig wirklich nachhaltig-wirtschaftliche Perspektive, nämlich der Umstieg auf pflanzliche Alternativen, auf einem boomenden veganen Markt, soll von „fragwürdiger Wirtschaftlichkeit“ sein?

Dabei schreibt die Ostsee-Zeitung in einem Kommentar doch selbst, dass die althergebrachte Fischerei keine Zukunft hat und statt der Fischer vielmehr Statisten gebraucht würden, die den Tourist:innen das historische Treiben eines Fischerdorfes zeigen als auch die Probleme der „Überfischung“ nahebringen.

Schade, dass sowohl Lokalpolitik als auch Lokalzeitung die Potenziale nur teilweise erkennen und es einfach keine mutigen Schritte für zukunftsweisende maritime Arbeitsplätze an der Ostsee gibt.

Derzeit werden Fischbrötchen verkauft, deren Inhalt lediglich zum geringen Teil vor Ort gefischt wird. Oft werden die Fische sogar mit dem Flugzeug aus anderen Kontinenten nach Frankfurt/Main geflogen und von dort an die Ostsee transportiert.

Das Tierleid und die Umweltschäden sind immens. Aber wieso wird immer noch mit Fischereijobs und mit dem Tourismus argumentiert? Was hat denn ein Weizenbrötchen mit Fisch aus dem Atlantik oder dem afrikanischen Viktoriasee für einen Tourismuswert an der Ostsee?

Greifswald täte gut daran, das vielfältige Potenzial von Algen zu erkennen. Insbesondere, aber nicht nur, als wirklich leckere und tatsächlich lokal hergestellten Inhalt von Vischbrötchen!

Reichspogromnacht – Nie wieder!!!

In der Nacht vom 9. November 1938 zum 10. November 1938 wurden deutschlandweit über 7.000 Synagogen, Geschäfte von jüdischen Einzelhändler:innen und Wohnungen von Menschen jüdischen Glaubens in Brand gesetzt oder sonstwie zerstört. Nach Schätzungen des Deutschen Historischen Museums wurden in dieser Nacht weit mehr als 1.300 Menschen aus antisemitischen Gründen ermordet. Es waren Schlägertrupps der SA und der SS, die auf Anordnung der politischen Führung der NSDAP mordeten und plünderten. Organisationen wie die Hitlerjugend und anderer NS-Organisationen, aber auch einfache Bürger:innen beteiligten sich, während der massiv überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung zustimmend johlte oder schweigend zusah. Das Datum 9. November steht seitdem als Startpunkt für den größten Völkermord der Geschichte, dem 6 Millionen jüdische Menschen zum Opfer fielen.

Wir als PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ setzen uns für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft ein, in der Hass, Gewalt, Rassismus und Antisemitismus keinen Platz haben. Die stets erneuerte Erinnerung an den 9. November 1938 ist wichtig, denn wir haben die Verantwortung, dass sich die mörderische Geschichte nicht wiederholt.

Stellvertretend für die Ereignisse im gesamten Deutschen Reich verlas Robert Gabel am 9. November das Schicksal der Greifswalder Jüdinnen und Juden bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Greifswalder Marktplatz:

Eine Greifswalderin schrieb als Augenzeugin über die Anprangerung des jüdischen Professors Josef Kreißl folgendes: „Eines Vormittags, aufmerksam gemacht durch Trommelschläge (…) wurde (ich) Zeuge, wie Professor Kreißl, ein älterer weißhaariger Mann, ehrwürdiger Bürger unserer Stadt (…) mit einem großen Schild um den Hals Ich bin Jude durch die Lange Straße getrieben wurde. Vor ihm Trommler, hinter ihm mehrere SA-Leute, die ihn anspeiten. (…) Erhobenen Hauptes, die seine Würde als Jude dokumentierte, nahm er von all dem, was ringsherum geschah, keine Notiz.“

„Spontan entlud sich der Volkszorn“ – so überschrieb die Greifswalder Zeitung im November 1938 einen Artikel über die Ereignisse in der Nacht vom 9. zum 10.11.1938, der so genannten Reichspogromnacht. Im gesamten Deutschen Reich brannten die Synagogen, wurden jüdische Geschäfte und Wohnungen demoliert, als Juden deklarierte Menschen misshandelt, verhaftet und ermordet. Die Reichspogromnacht markierte den Übergang von der zunehmenden Diskriminierung und Ausgrenzung der deutschen Jüdinnen und Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung, die kurze Zeit später in die Shoa mündete.

Wenigen ist bekannt, dass es auch in Greifswald seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine eigenständige Synagogengemeinde gab, die 1868 zu Höchstzeiten 120 Mitglieder zählte. Diese hatte einen eigenen Betraum im Hinterhaus des Markt 13, später in der Langen Straße 32. Seit 1860 gab es sogar einen eigenen jüdischen Friedhof in der Gützkower Landstraße. Jüdische Menschen waren in Greifswald vor allem in der Wissenschaft und als Kaufleute tätig. Durch ihr berufliches und privates Wirken bereicherten sie das Kultur- und Wirtschaftsleben der Hansestadt.

Doch schon Ende des 19. Jahrhunderts ließen sich in der Bevölkerung zunehmend antisemitische Tendenzen erkennen. An der Universität lehrten zu dieser Zeit auch verhältnismäßig viele bekennende Antisemiten wie Ernst Moritz Arndt, Friedrich-Ludwig Jahn und Friedrich Rühs. Dementsprechend schnell verbreiteten sich diese Ansichten unter der Studentenschaft; 1881 wurde der durch tiefen Judenhass geprägte „Verein Deutscher Studenten“ gegründet. Dieses sich durch viele Gesellschaftsschichten ziehende Klima, ist wohl für den Rückgang der jüdischen Bevölkerung auf 46 Menschen im Jahr 1933 verantwortlich.

Mit dem Machtantritt Hitlers verschärfte sich die Lage zusehends. Erste Betroffene, der kurz nach dem Reichstagsbrand im Februar 1933 erlassenen Verordnungen und Gesetze waren jüdische Hochschullehrer, Studierende und Geschäftsleute. So blockierten, wie im gesamten Deutschen Reich, auch in Greifswald am 1. April 1933 zahlreiche NSDAP-Anhänger die Geschäfte jüdischer Menschen, forderten die Passanten zum Boykott auf und warfen Scheiben ein. Einen Monat später verbrannten dann Nationalsozialisten auf dem Greifswalder Markt öffentlich Schriften marxistischer, pazifistischer und jüdischer Schriftsteller:innen.

Zu dieser Zeit wurde auch der so genannte Arierparagraph erlassen, der verfügte, dass die Zahl der jüdischen Studierenden den Prozentsatz von 1,5 nicht überschreiten dürfe. Eigenmächtig setzten in Greifswald die Studentenführer in Absprache mit den Dekanen diesen Prozentsatz um das Zehnfache herab. Die Greifswalder Universität machte sich also schon lange vor dem 1938 folgenden Gesetz „judenfrei“. Auch viele jüdische Professoren mussten die Universität verlassen; der Direktor der Greifswalder Nervenklinik Prof. Edmund Forster nahm sich nach seiner Amtsenthebung das Leben.

Angeheizt wurden die antisemitischen Aktionen durch die faschistische Presse. So gab die Pommersche Zeitung 1935 als Wochenendbeilage den „Judenspiegel“ heraus, welcher die jüdischen Mitbürger:innen auf schlimmste diffamierte. Gleichzeitig damit wurde eine umfangreiche Liste der jüdischen Geschäftsleute in Umlauf gebracht mit der Aufforderung diese zu boykottieren. Als im Herbst 1935 die Nürnberger Gesetze verabschiedet wurden, begann auch für die Jüdinnen und Juden in Greifswald eine neue Phase der Verfolgung. Es wurden nun auch die letzten jüdischen Professoren ihres Amtes enthoben, an ihre Stelle traten exponierte Nazis, beispielsweise der Anatom Prof. August Hirt, welcher für seine jüdische Schädelsammlung gezielt Insassen von Konzentrationslagern töten ließ.

Auch der Besuch von öffentlichen Schulen wurde für jüdische Kinder immer unerträglicher, was sich am Beispiel der Familie Futter zeigt. Ein Zeitzeuge erinnerte sich: „Mit einem Sohn der Familie Futter besuchte ich seit 1933 die Mittelschule in der Mühlenstraße. Soviel ich weiß, gab es bis 1935/1936 keine Probleme mit den Mitschülern und Lehrern. Erst als wir einen neuen Direktor bekamen, wurde das 1936 anders. Der Judenjunge wurde isoliert.“ Die Eltern der Jungen erkannten die Gefahr frühzeitig und schickten sie nach Berlin, von wo sie sich kurz vor Kriegsausbruch nach England retten konnten. Das Ehepaar Futter, das bis 1938 ein Geschäft in der Brüggstraße besaß, wurde jedoch 1943 ermordet.

Mit dem Ziel die jüdischen Menschen komplett aus dem wirtschaftlichen Leben zu verdrängen, wurde im Frühjahr 1938 die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden erlassen. Demnach mussten nun alle jüdischen Geschäfte registriert und als solche kenntlich gemacht werden. Auch die letzten vier in Greifswald existierenden Geschäfte waren davon betroffen. Entgegen der nationalsozialistischen Propaganda können die Ereignisse in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 nicht als Reaktion des spontanen Volkszorns auf die Ermordung eines deutschen Diplomaten durch einen Juden bezeichnet werden. Sie sollten vielmehr, die im Frühjahr begonnene gesetzliche „Arisierung“, sprich die Zwangsenteignung jüdischen Besitzes und jüdischer Unternehmen, planmäßig beschleunigen, mit der auch die deutsche Aufrüstung finanziert wurde.

Und so sammelten sich auch in Greifswald am Abend des 9. Novembers 1938 vor allen jüdischen Geschäften und Wohnungen die Nationalsozialisten. Dabei kam es laut Zeitzeugenberichten zur Demolierung und Verwüstung des Bekleidungsgeschäftes von Salo Biermann in der Langen Straße 32, des Korsettgeschäftes von Johanna Joel in der Langen Straße 39 und des Ladens von Georg Feldmann in der Gützkower Straße 39. Einen Abend später hallten die Worte „Die Juden sind unser Unglück“ über den Greifswalder Marktplatz, wo die NSDAP zu einer Großkundgebung aufgerufen hatte.

Für die 24 Menschen jüdischer Herkunft und jüdischen Glaubens, die laut Volkszählung 1939 noch in Greifswald lebten, wurde der Alltag durch die unzähligen, sie entrechtenden Gesetze schier unbezwingbar. Else Burchard, Friederike Julie, Georg Feldmann und Paula Stein schafften es nicht mehr rechtzeitig zu fliehen und wurden in der Nacht vom 12. zum 13. Februar 1940 mit mehr als tausend anderen Jüdinnen und Juden aus dem Regierungsbezirk Stettin aus ihren Wohnungen geholt und mit einem Eisenbahntransport nach Lublin deportiert. 1942 brach der Briefkontakt zu ihnen ab. Fast alle Deportierten wurden ermordet. Damit lebten in Greifswald 1942 offiziell keine jüdischen Menschen mehr.

Quelle: https://docplayer.org/109027701-Eines-vormittags-aufmerksam-gemacht-durch-trommelschlaege-wurde-ich-zeuge-wie-professor-kreissl-ein-aelterer-weisshaariger-mann-ehrwuerdiger.html
Robert Gabel beim Gedenken an den 9. November auf dem Greifswalder Marktplatz (OZ, Christoph Gottschalck)

Hedwig & Hermann Cohn: Hermann Cohn wurde 1869 in Greifswald geboren. Hier, am Greifswalder Marktplatz, führte der Kaufmann ab 1896 ein Textilgeschäft, später ein Möbelgeschäft. Sein Vater Theodor Cohn war hier bereits als Kaufmann tätig. Hermann heiratete Hedwig aus Stavenhagen, das Ehepaar hatte zwei Söhne. Der ältere Sohn fiel 1914 im 1. Weltkrieg in Flandern, mit 18 Jahren. Hermann war aktives Mitglied der jüdischen Gemeinde in Greifswald, die von 1877 bis 1922 einen Betsaal nutzte, der über das Gebäude Markt 13 betreten wurde. 1929 verließen Hermann und Hedwig Greifswald und zogen nach Berlin. Von dort wurde das Ehepaar am 11. Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo schon am 26. August Hedwig und wenige Tage später Hermann ums Leben kam.

Julius, Thea, Hans & Gert Futter: Thea Zippert heiratete den Kaufmann Julius Futter und lebte mit ihm in der Brüggstraße 12, wo Julius einen Rohproduktenhandel betrieb. Thea und Julius Futter wurden beide in der Provinz Posen geboren. 1922 kam der erste Sohn Gert zur Welt, 1923 der zweite Sohn Hans. Nach dem Pogrom im November 1938 wurde Julius Futter in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht, wo er bis Dezember 1938 inhaftiert war. Hans und Gert kamen 1939 mit einem Kindertransport nach England. So überlebten sie den Holocaust, sahen ihre Eltern jedoch nie wieder. Julius und Thea Futter zogen nach Berlin. Von dort wurden sie am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und bald darauf ermordet.

Jenni & Salo Simon: Eugenie Simon wurde 1877 in Zirke geboren und kurz Jenni genannt. 1930 meldete sie in Greifswald den Handel mit Lebensmitteln aller Art in der Kuhstraße 19 an. 1935 stellte sie ihr Gewerbe ein. Salo Simon wurde 1878 in Sternberg geboren. 1921 gründete er in Greifswald eine Grundstücks- und Hypothekenvermittlung. Später kam der Handel mit Kurzwaren als weiteres Gewerbe hinzu. In Greifswald brachte sich Salo Simon in das Leben der jüdischen Gemeinde ein. Am 12. Februar 1940 wurden sie in das Ghetto Piaski in der Nähe von Lublin deportiert. Dort kam Salo Simon am 15. Oktober 1941 ums Leben, das Todesdatum von Jenni Simon ist unbekannt.

Johanna Joel: Johanna Joel wurde 1865 in der Altmark geboren, seit 1900 lebte sie in Greifswald. Sie verbrachte fast 40 Jahre hier, darüber hinaus wissen wir heute nur wenig über sie. In den Greifswalder Adressbüchern, in Werbeinseraten in der damaligen Lokalzeitung und in den Akten der jüdischen Gemeinde taucht ihr Name und ihr Geschäft auf. In der Langen Straße 79 führte Johanna von ungefähr 1900 bis 1938 ein Korsett- und Miederwarengeschäft. Ende 1938 musste sie es aufgeben. 1940 wurde sie im Alter von fast 75 Jahren in das von der Wehrmacht besetzte Polen deportiert. Wohin genau, ist unbekannt, genau wie die Umstände ihrer Ermordung. In Greifswald ließ sie 30,91 Reichsmark zurück, aufgeführt im „Verzeichnis der von den evakuierten Juden hinterlassenen Geldbeträge“.

Dr. Gerhard Mamlok: Gerhard Mamlok wurde 1897 in Greifswald geboren. Er wuchs in der Langen Straße 68 auf. Sein Vater Max Mamlok hatte bis zu seinem Tod ein Wäsche- und Aussteuergeschäft, das nach seinem Tod von Gerhards Mutter weitergeführt wurde. Gerhard studierte ab 1917 an der Greifswalder Universität Jura. 1920 wurde er promoviert. Nach seinem Studium war er als Anwalt in Berlin tätig. Mit dem Beginn der Herrschaft der NSDAP durfte er nur noch jüdische Klient:innen vertreten. Von Berlin wurde er aber am 5. September 1942 nach Riga deportiert und dort am 8. September ermordet.

Dr. Rudolf Kaufmann: Rudolf Kaufmann wurde 1909 in Königsberg geboren und wuchs dort auf. Nach dem Abitur studierte er in Königsberg und München. 1930 wechselte er an die Universität Greifswald, um am geologisch-mineralogischen Institut zu forschen. Im Februar 1933 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert. Da Rudolfs Großeltern jüdisch waren, verlor er nach dem Inkrafttreten des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seine Stelle an der Universität. Er lebte dann für einige Zeit in Dänemark und Italien und kehrte 1935 nach Deutschland zurück. Wegen angeblicher „Rassenschande“ wurde er 1936 zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach seiner Entlassung 1939 kehrte er zurück nach Königsberg, von wo er nach Litauen floh. Nach der Besetzung Litauens durch die Wehrmacht wurde er 1941 von deutschen Soldaten auf der Straße erkannt und erschossen.

Simon Michels: Simon Michels wurde 1853 in Regenwalde geboren. In Greifswald wohnte er von 1905 bis 1926 mit seiner Frau Sophie und zwei Töchtern und zwei Söhnen. Die Familie lebte vom Verkauf von Uhren, Manufakturwaren, Kurzwaren und Herrenkleidung. Simon gehörte der jüdischen Gemeinde an und war zeitweise einer ihrer Repräsentanten. 1926 zog die Familie Michels nach Bamberg. Dort starb Sophie Michels 1939. Im Alter von 89 Jahren kam Simon am 22. September 1942 in Theresienstadt ums Leben. Sein verwitweter Sohn Erich und sein Enkel Fritz wurden von den Nationalsozialisten ermordet, ebenso die zwei Töchter und deren Ehemänner.

Helene, Fritz, Else & Helga Walter: Helene wurde 1884 in Duisburg geboren. 1922 zog sie mit ihrem Ehemann Siegfried Weißenberg nach Greifswald. In der Langen Straße 22 hatte die Familie ein „Agentur- und Kommissionsgeschäft Trikotagen und Konfektion“ angemeldet. Der Kaufmann Fritz Walter übernahm das Geschäft nach dem Tod Siegfried Weißenbergs. 1932 heirateten Fritz Walter und Else Weißenberg. 1937 wurde ihre Tochter Helga hier geboren. Helene zog 1939 nach Berlin, über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Ob Familie Walter ebenfalls nach Berlin umzog, ist nicht bekannt. Else und ihre fünfjährige Tochter Helga wurden 1942 nach Riga deportiert und dort direkt nach ihrer Ankunft ermordet.

Dr. Gerhard Dagobert Knoche: Gerhard Knoche wurde am 11. September 1893 in Berlin geboren. In Greifswald studierte er Geschichte und Philosophie und wurde am 20. März 1924 durch die Philosophische Fakultät promoviert. Er erhielt seinen Doktortitel für die Arbeit „Die Juden unter den Karolingern“. 1939 wurde ihm im Zuge der systematischen Ausgrenzung und Entrechtung von jüdischen Menschen der Doktortitel aberkannt. Während des Zweiten Weltkrieges emigrierte er nach Holland, am 21. April 1943 wurde er von Amsterdam nach Theresienstadt deportiert, von dort am 28. September 1944 nach Auschwitz. Das Datum seiner Ermordung ist unbekannt. Im Jahr 2000 wurde die Aberkennung seines Doktortitels für Unrecht erklärt und er wurde zusammen mit 80 weiteren Doktor:innen der Universität Greifswald rehabilitiert.

Prof. Dr. Edmund Forster: Edmund Forster wurde 1878 in München geboren. Nach seinem Medizinstudium war er unter anderem Mitarbeiter an der Charité in Berlin. 1916 wurde er Professor an der Universität Gent. In seiner Arbeit spezialisierte er sich auf die neurologischen und psychologischen Folgen von Hirnverletzten. 1925 wurde er an die Universität Greifswald berufen, wo er Direktor der Nervenklinik war. Er lebte in der Ellernholzstraße 2. Im Sommer 1933 wurde er von NS-Gefolgsleuten denunziert und infolgedessen am 31. August 1933 von seinem Amt als Hochschullehrer beurlaubt. Mit seiner Beurlaubung verlor er auch alle seine Ehrenämter. Wenige Tage später tötete sich Forster selbst.

Friederike & Georg Feldmann: Friederike wurde 1887 und Georg 1884 geboren, beide in der Provinz Posen. Das Ehepaar Feldmann betrieb hier in der Gützkower Straße 39 ein Geschäft für Feinkost, Kolonialwaren und Spirituosen. Auch nach den Pogromen im November 1939 blieben Friederike und Georg in Greifswald. Im Februar 1940 mussten sie die Stadt verlassen und wurden am 12. Februar von Stettin aus in das Ghetto Bełżyce südlich von Lublin deportiert. Friederike und Georg gehören zu den 434.508 Personen, die nachweislich im Vernichtungslager Bełzec am Südrand des Lubliner Landkreises ermordet wurden. Das Lager war ein knappes Jahr in Betrieb, nach der Schließung im Frühjahr 1943 vernichtete die SS alle Spuren der Massentötungen. Nur zwei Überlebende des Vernichtungslagers Bełzec sind bekannt.

Paula Sichel & Alice Weismann: Alice Sichel wurde 1869 in Mainz geboren, ihre Schwester Paula 1882. Alice heiratete Jakob Weißmann, der Professor für Strafrecht an der Universität Greifswald war. Nach seinem Tod im Jahr 1917 lebte sie mit ihrer Schwester Paula in der Robert-Blum-Straße. Nach längeren Bemühungen konnten die beiden Schwestern im Juni 1939 nach Charlottelund bei Kopenhagen zu einer weiteren Schwester ausreisen. Aber auch in Dänemark waren sie vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nicht sicher. Am 6. Oktober 1943 wurden beide in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Alice starb dort nach wenigen Tagen, Paula am 9. März 1944.

Quelle: https://pfd-greifswald.de/2021/02/02/neue-broschuere-zu-den-stolpersteinen-in-greifswald-erschienen/

#BoycottQatar2022

Ich unterstütze die vehemente Kritik an der Entscheidung, dass die WM 2022 von Katar ausgerichtet wird, und rufe dazu auf, dass diese Kritik auch in vielfältiger Form praktisch gelebt wird.

Es ist ein wichtiges Zeichen an die Verantwortlichen bei der FIFA und in Katar, wenn sich immer mehr Menschen, Sportvereine, Städte, Parteien, Politiker:innen, NGOs und Unternehmen der weltweiten Boykottbewegung anschließen. Von Flensburg über Frankfurt/Main nach Augsburg machen auch bereits viele Städte in Deutschland mit. Greifswald soll folgen, fordern Anja Hübner und ich in der Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt.

Je niedriger die Einschaltquoten, je weniger Kneipen die Spiele zeigen, je weniger Public Viewing stattfindet, je lauter auf die Missstände hingewiesen wird – umso besser sind die Chancen, dass „Sportswashing“ künftig keine Chance mehr hat und dass das Regime in Katar umdenkt. Die Vergabe der FIFA an Katar war rein politisch und nicht aus sportlichen Gründen, also muss es politischen Protest dagegen geben!

Tausende Menschen starben beim Bau der Stadien in Katar. Viele waren aufgrund des Kafala-Systems nahezu rechtlos. Die Situation für Frauen, Minderheiten und die politische Opposition in Katar ist grausam und menschenfeindlich. Menschenrechte und Demokratie werden mit Füßen getreten. Ökologisch ist die WM in der Wüste ebenfalls ein Desaster.

Zudem unterstützte und finanzierte Katar Terrororganisationen wie Hamas, Hisbollah und die Taliban. Die katarische Regierung sympathisiert mit dem iranischen Regime, welches wiederum eine existenzielle Bedrohung für seine eigene Bevölkerung und den Frieden im Nahen Osten darstellt. Gerade Deutschland muss sich aber für die Sicherheit Israels und aller Staaten der Region einsetzen!

Ich schließe mich dem Aufruf von #BoycottQatar2022 und dem Offenen Brief mit der Forderung nach einem Entschädigungsfonds für die Arbeitsmigrant:innen an.