Bericht aus der Bürgerschaft Greifswald und dem Kreistag Vorpommern-Greifswald

Haushalt 2023/2024 – unsere Forderungen für Klimaschutzfinanzierung

Fast alle unsere Änderungsvorschläge wurden im fraktionsübergreifenden Änderungsantrag bereits übernommen, wofür wir uns bei Grünen, Linken und SPD herzlichst bedanken! Wir forderten, dass ausreichende Summen für folgende Maßnahmen in den Haushalt eingefügt werden:

  1. Konzepterstellung Klimaneutralität 2035: Greifswald soll nicht erst 20250, sondern bereits 2035 Klimaneutralität erreichen, so ein früherer Beschluss der Bürgerschaft. Hierfür reicht es aber nicht, dass lediglich verwaltungsintern eine Schmalspurvariante angedacht wird, denn das birgt das Risiko, dass irgendwelche ungeeigneten Maßnahmen im Blindflug angegangen werden und das Ziel am Ende nicht erreicht wird. Wir brauchen: externe Expertise und Gutachten, neue Analysesoftware zur städtischen Klimabilanzierung, Evaluierung und Anpassung der Maßnahmen. Die Verwaltung gibt uns in einer schriftlichen Beantwortung unserer Anfrage Recht, dass sie es neben ihrer eigentlichen Arbeit nicht erledigen können und wir konnten uns letztlich mithilfe der anderen Bürgerschaftsparteien links der Mitte durchsetzen!
  2. Einrichtung des Klimafonds: Wir forderten 70.000 Euro für Klimaschutzinitiativen, die unbürokratische Hilfen benötigen, und konnten uns mithilfe der anderen Parteien, insbesondere der Grünen, die sich ebenfalls dafür aussprachen, letztlich durchsetzen.
  3. Schaffung einer Stelle für Nachhaltigkeitsmanagement: Auch hier konnten wir gemeinsam mit den anderen Parteien diesen Stellenwunsch durchsetzen und hoffen auf zügige und kompetente Besetzung!
  4. Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Technik: Wir fordern eine sofortige Umrüstung mithilfe entweder eigener Haushaltsmittel oder per Contracting. Contracting bedeutet, dass externe Firmen die Maßnahmen vorfinanzieren und sich aus den Energieersparnissen der folgenden Jahre vergüten. Denn durch LED lassen sich 60 % bis 90 % der Beleuchtungskosten sparen. Dadurch kommen in wenigen Jahren viele Millionen Euro zusammen, die man für sinnvolle kommunale Aufgaben verwenden könnte! Die Vorteile liegen auf der Hand: die Stadt tut aktiv etwas für ihre Klimabilanz, spart viele Millionen Euro und ist dennoch langfristig Eigentümerin der Straßenbeleuchtung. Was wir leider nur bekamen: die Mittel für städtische LED-Umrüstung werden 2023 verdoppelt – was einer Umrüstungsquote von 5 % entspräche, also viel zu wenig – und die Verwaltung legt ein Gutachten zur Machbarkeit von Contracting noch in diesem Jahr vor. Wir konnten uns mit unserem eigentlichen Ziel daher nur teilweise durchsetzen.
  5. Zudem forderten wir eine auskömmliche Summe zur Erstellung eines kommunalen Klimasparbriefes. Der Oberbürgermeister sagte dankenswerterweise zu, entsprechende Gespräche mit der Sparkasse zu führen und die Verwaltung verwies darauf, dass der Klimafonds (siehe oben) ausreichen müsse, um auch den Anschub für Klimasparbriefe mitzufinanzieren. Wir glauben nicht daran, dass dies ausreichen wird und forderten eine zusätzliche Summe von 5.000 Euro. Diese sollten auch für Mieterstrommodelle und Energiegenossenschaften eingesetzt werden können. Fast schon ein symbolischer Betrag und wir rechneten damit, dass unser Kompromiss eine Mehrheit in der Bürgerschaft finden wird. Leider konnten wir uns damit nicht durchsetzen, da sich Grüne und SPD enthielten und die rechte Seite der Bürgerschaft grundsätzlich gegen Klimaschutzfinanzierung eingestellt ist.
  6. Schließlich legten wir auch eine Deckungsquelle vor, um unsere Forderungen finanzieren zu können. Wir schlugen vor, eine der beiden neuen Stellen in der Führerscheinstelle auf eine halbe Stelle zu reduzieren. Denn wir können auch nach einer Darlegung der Verwaltung keinen Sinn erkennen, weshalb zwei volle zusätzliche Stellen notwendig sein sollten. Leider stimmte keine einzige Fraktion unserem Finanzierungsvorschlag zu, wir konnten uns hier also leider nicht durchsetzen. Wie das große Haushaltsminus ab 2024 bekämpft werden soll, verrieten sie auch nicht und unsere Anregung einer Gewerbesteueranhebung wurde schon in den Beratungen abgelehnt.

Wir halten es grundsätzlich für wichtig, dass Klimainitiativen nicht nur Bittstellende bei der Stadt sind, sondern dass sich die Stadt als solche committet. Das ist auch ein wichtiges Signal in der Anschubphase jeglicher Projekte – es ist ein Anliegen der Stadt, sie steht dahinter.

In Sachen Mieterstrom sowie Energiegenossenschaft wird sich sicherlich was bewegen. Entsprechende Initiativen haben sich bereits gebildet und es wird hier voraussichtlich gute zivilgesellschaftliche Unterstützung geben und andersherum wird – so unser Wunsch – die Stadt diese Initiativen unterstützen.

Zudem hatten wir zahlreiche andere Änderungsanträge zum Doppelhaushalt unterstützt und werden weitere finanzwirksame Maßnahmen in den kommenden Monaten einbringen, so etwa die Finanzierung der Wildvogelauffangstation.

Hotelsteuer

Sehr viel Aufruhr gab es wegen der neu eingeführten Hotelsteuer in Greifswald. Wir konnten uns mit unserer Forderung einer niedrigeren Steuerhöhe für günstigere Hotelzimmer durchsetzen, aber auch die regulären 5 % Hotelsteuer erzürnten die Hotelbetreibenden. Sie machten geltend, dass die Einnahmeprognosen auf falschen Daten beruhen würden und nicht nur die Gäste, sondern auch sie selbst sowie die Stadt als solche belastet würden. Die Verwaltung musste eine neue Berechnung der Einnahmeprognose erstellen, die aber nicht sehr viel von der ursprünglichen abwich. Am Ende hing der Haushaltsplan 2023/2024 von der bereits beschlossenen Hotelsteuer ab und der Wunsch, die Steuer rückgängig zu machen, wurde nicht erfüllt. Wir machten auf Kompromisslösungen aufmerksam, die aber nicht aufgegriffen wurden. Am Ende stimmten wir gegen die Rücknahme der Hotelsteuer, werden sie aber kritisch evaluieren und über Alternativmodelle oder notfalls eine Streichung diskutieren.

Parkgebührenerhöhung

Wir setzten uns für eine sachgemäße und faire Anhebung der Gebühren für das Anwohner:innenparken ein, aber forderten soziale Flankierung. In der beschlossenen Variante sind unsere beiden Forderungen enthalten: 1. Inhaber:innen des „Kultur- und Sozialpass“ bezahlen nur die Hälfte. 2. Ratenzahlung ist möglich. Diese neue Gebührenordnung ist Teil des nachhaltigen Verkehrskonzepts von Greifswald, das wir unterstützen.

Katzenschutzverordnung

Da die Verwaltung seit über einem Jahr noch immer nicht ihrem im Kreistag mehrheitlich beschlossenen Auftrag nachkam, eine Katzenschutzverordnung zu erstellen, haben wir selbst eine erarbeitet. Diese legten wir dem zuständigen Ausschuss vor, aber der Kreisveterinär war mit diesem Vorgehen nicht einverstanden und machte die mangelnde Informationslage geltend. Denn in der Tat braucht es gesetzlicherweise Wissen darüber, wo genau im Landkreis das Problem mit Katzen, die auf der Straße leben, am größten ist. Wir sind der Bitte des Kreisveterinärs nachgekommen und haben eine Gremienrunde Aufschub gegeben. Wir hoffen sehr, dass wir dann endlich zur nächsten Kreistagssitzung die Katzenschutzverordnung für Vorpommern-Greifswald beschließen können!

Anschlusszwang Kleingärten

Der Kreistag hatte eine Satzungsänderung beschlossen, da die Kreisverwaltung behauptete, dass eine neue Rechtsprechung einen Müllgebühren-Anschlusszwang erfordern würde. Später stellte sich heraus: die neue Rechtsprechung betraf einen anderen Sachverhalt. Nicht nur die Kleingartenbesitzenden empörten sich zurecht, sondern der Aufschrei ging quer durch alle Fraktionen, sowohl in der Bürgerschaft als auch im Kreistag. Es ist eine eindeutige Ungerechtigkeit, dass die Menschen doppelt von Gebühren belastet werden, obwohl sie gar nicht doppelt so viel Müll produzieren! Im Gegenteil, fällt durch den Eigenanbau von Lebensmitteln gerade weniger Verpackungsmüll an.

Über 5.000 Unterschriften wurden innerhalb weniger Tage gegen diese Dreistigkeit gesammelt und ein Gutachten des Bundestags wurde eingeholt. Es gab daraufhin sowohl in der Bürgerschaft als auch im Kreistag heftige Wortgefechte und emotionale Beiträge aus Politik und Ehrenamt. Während man in der Greifswalder Bürgerschaft einen überfraktionellen Konsens erarbeitete, bissen wir uns im Kreistag die Zähne am harten Kurs der rechten Fraktionen aus – sie blieben stur! Vize-Landrat Hasselmann von der CDU sagte lediglich zu, dass er für Ausnahmen bereit sei, wenn Gärten beweisen, dass sie keinerlei Müllaufkommen haben und die Greifswalder CDU fand eine Mehrheit für ihren Vorschlag, dass der Anschlusszwang entfällt, wenn sämtliche Gartenbesitzenden einer Anlage im undefinierten Umkreis der Anlage wohnen. Wir werden Handhabung und tatsächliche Verhalten der Kreisverwaltung kritisch begleiten.

Geflüchtetenunterkunft

Landrat Michael Sack (CDU) ist zuständig für die Verteilung von Geflüchteten im Landkreis. In dieser Verantwortung fragte er die Gemeinden an, wo man etwa Container“dörfer“ errichten könnte. Angeblich gab es nur eine positive und geeignete Standortrückmeldung: aus Greifswald. Oberbürgermeister Fassbinder (Grüne) hatte nämlich seine zuständige Verwaltung, mit Bausenatorin Jeannette von Busse (CDU) an der Spitze, beauftragt, mögliche Standorte zu eruieren, die man der Kreisverwaltung mitteilen könne. Und mögliche Standorte wurden gefunden – ob Greifswald wirklich Container für Geflüchtete haben will, ist damit noch lange nicht gesagt. Und wie viel Standorte die anderen Gemeinden im Kreis melden würden, war damit auch noch nicht bekannt.

Was dann geschah, sprengt aber jede Vorstellung: 500 Menschen, teils auf Krawall aus und aus dem rechtsextremen Spektrum stammend, versammelten sich vor der Ortsteilvertretung Ostseeviertel, wo die Unterkünfte gebaut werden könnten, bedrängten den Oberbürgermeister und riefen dazu auf, sich vor seinem privaten Haus zu versammeln. Für sie ist der Schuldige der grüne Oberbürgermeister und Szenen wie in Upahl spielten sich ab.

Grüne, SPD, Linke und Tierschutzpartei lehnen Container für Geflüchtete ab, denn sie möchten dezentrale Unterbringung, und zwar möglichst im gesamten Landkreis. In vielen Städten gibt es hohen Wohnungsleerstand. Diese Gemeinden bräuchten dringend 9 Millionen Euro zur Sanierung ihrer Wohnungen – aber leider genehmigte der Kreistag diese Summe zur Anschaffung von Containern. Wir werden weiterhin für menschliche Unterkünfte kämpfen. Denn Greifswald ist sicherer Hafen und kein Containerhafen!

Wir fordern die Kreisverwaltung auf, von ihrem Vorhaben abzusehen und nochmals zu prüfen, welche dezentralen Möglichkeiten es gibt. Ein entsprechender Änderungsantrag unserer Fraktion fand im Kreistag sogar eine knappe Mehrheit!

Wir fordern alle Gemeinden im Kreis und die Kreisverwaltung auf, sich diesem Ziel auch wirklich zu widmen und an Lösungen im Sinne der Geflüchteten und der Bürger:innen unseres Landkreises zu arbeiten!

Leider wurde neben unserem Änderungsantrag auch der Verwaltungsantrag mit den Containern beschlossen und sogar noch ein unsäglicher CDU-Änderungsantrag, der die Regierung auffordert, den „migrationspolitischen Sonderweg Deutschlands“ zu beenden.

Robert Gabel machte im Kreistag darauf aufmerksam, dass es überhaupt keinen Sonderweg Deutschlands, sondern lediglich einen Sonderweg Ungarns gibt, das deutlich vom EU-Durchschnitt der pro-Kopf-Aufnahme von Asylantragstellenden nach unten hin abweicht. Besonders peinlich für die CDU: Teile der Sachdarstellung ihres Änderungsantrags waren einfach aus einer älteren Rede eines baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten, der mit Philipp Amthor in der AG „Innen und Heimat“ sitzt, rauskopiert worden.

Werte CDU Vorpommern: wer die AfD rechts überholen will, wird keine Wahlen gewinnen, sondern nur Wahlwerbung für das rechtsextreme Original machen!

Gedenken an die Opfer der Shoah – Jahrestag der Befreiung von Auschwitz

Zum heutigen Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer der Shoah nahm unser Fraktionsmitglied Roman Weber an der (Wieder-)Einweihung der Gedenktafel (nachdem diese von Rechten zerstört wurde) für den Rabbiner Löwenstamm und die aus dem jüdischen Altersheim deportierten Menschen in Spandau teil.

„Bei dieser Veranstaltung im Rahmen der Jugendgeschichtswerkstatt wurde wieder einmal deutlich, wie wichtig es ist, der sinnlosen Zerstörungswut von alten und neuen Nazis, Zivilcourage und Menschlichkeit entgegen zu stellen, um die Erinnerungskultur zu schützen. Ich bin daher froh, dass so viele engagierte Menschen dabei waren!“ teilt unser Spandauer Bezirksverordneter Roman Weber mit.

Zuvor wurden Stolpersteine geputzt, welche an die Spandauer Bürgerinnen und Bürger erinnern, die von den Nazis ermordet wurden. Der Landesverband Berlin legte Rosen und Grabkerzen nieder und gedachten der Menschen in Schweigeminuten. Es wurde über den damaligen Widerstand gesprochen, über die Mutigen und Selbstlosen, die nicht die Augen vor den Gräueltaten verschlossen und auf ihre Weise versucht haben, den verfolgten Menschen zu helfen oder gar die Gesellschaft aufzurütteln. Sich selbst in so große Gefahr zu begeben, sein Leben, aber auch das der Liebsten und der Familien aufs Spiel zu setzen, kann überhaupt nicht hoch genug bewertet werden.

Keine Verneigung ist tief genug! Keine Worte können dem gerecht werden. Am 27. Januar 1945 wurde das Konzentrationslager Auschwitz von der Roten Armee befreit. Auschwitz war in der NS-Zeit das größte deutsche Vernichtungslager und der Tag dessen Befreiung ist deshalb zum bundesweiten Holocaust-Gedenktag geworden.

Und zukünftig werden Aktionen wie diese, die aus der Mitte der Gesellschaft kommen, immer wichtiger, da es immer weniger Zeitzeug:innen gibt, die über die damalige Zeit sprechen, schreiben, erinnern oder mahnen können. Jetzt sind WIR gefragt.

Die Verbrechen dürfen niemals vergessen werden und sich nicht wiederholen! Dafür setzten wir uns ein – gegen Gewalt, gegen Diskriminierung, gegen Hass, gegen das Erstarken nicht-demokratischer Parteien und gegen rechtes Gedanken„gut“.

Auch in weiteren Städten beteiligten sich heute Vertreter:innen der PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ an Gedenkveranstaltungen. So fand eine Menschenlichterkette auf dem Greifswalder Marktplatz statt.

Robert Gabel: „Wir gedenken heute der Opfer des Nationalsozialismus und müssen damit auch eindringlich daran erinnern, dass Faschismus und Antisemitismus weltweit momentan erstarken. Gerade in Krisenzeiten, wie sie aktuell herrschen, leben gefährliche Verschwörungserzählungen, Hass und Propagandalügen auf. Sie können stets der Nährboden für Gewaltausbrüche und für antidemokratische Bewegungen sein. Wir müssen uns aber auf Solidarität und die Stärkung unserer demokratischen Werte einigen, bevor sich eine desaströse Abwärtsspirale in Gang setzt. Das hat uns die Geschichte gelehrt und das muss unsere Orientierung gerade jetzt sein.“

Wir sind die letzte Generation…

…die noch ausreichend Maßnahmen umsetzen kann, um die Kipp-Punkte des Erdklimas zu verhindern. Denn wenn diese Kipp-Punkte durch stetige Erwärmung des globalen Klimas eintreten, setzen sich Kettenreaktionen in Gang, die das Leben, wie wir es bislang kennen, unmöglich machen. Und auf dem Weg dorthin wird es zu immer mehr Wetterextremen kommen, die Menschen- und Tierleben fordern und viele Billionen Euros Schaden verursachen.

Die Aktivist:innen der „Letzten Generation“ haben sich daher Gedanken gemacht, wie sie ihre Forderungen und Argumente in das öffentliche Bewusstsein rücken können. Denn jeden Tag gibt es allein in Berlin zig Demonstrationen und fast nie schafft es eine von ihnen in die Medien. Die „Letzte Generation“ aber kann man nicht ignorieren. Sie werden in die Talkshows eingeladen, sind täglicher Gesprächsstoff.

Und keine Debatte kommt ohne die Sichtweise der Aktivist:innen aus. Denn es ist unmöglich, sich über Autobahnstaus und beschmierte Glaswände vor Gemälden zu empören, ohne zu erwähnen, wie man zu den eigentlichen Forderungen steht. Meist erfolgt es in der Form, dass die Aktionen die Akzeptanz für klimapolitische Forderungen verringern oder Gemälde doch gar keinen Bezug zum Klima haben würden oder es sich (im Gegensatz zu den Politiker:innen und Manager:innen der Fossilindustrie) um gefährliche Kriminelle handele.

Und schon kann die inhaltliche Debatte beginnen. Die üblichen Sprüche können versiert und höflich ad absurdum geführt werden und die Empörten stehen in aller Regel ordentlich dekonstruiert da. Denn wie will man ohne (unfreiwillige) Anerkennung der Dringlichkeit von Klimaschutz die Relation zwischen protestbedingtem Autobahnstau und Anti-ÖPNV-Politik-bedingtem Autobahnstau thematisieren?

Klimaschutz ist spätestens seit Greta Thunberg Dauerthema in allen Medien und insbesondere in den virtuellen Stammtischgesprächen. Aber erst die „Letzte Generation“ bringt nicht nur Forderungen in die Öffentlichkeit, sondern bringt die Leute dazu, sich selbst in krasse Widersprüche zu verwickeln und sich damit selbst zu entblößen. Das führt nicht dazu, dass die Stammtische und Boulevardpresseblätter  direkt umdenken, aber es kehrt die ganze Debatte schleichend um: sie glauben, sie würden die Klimaaktivist:innen dazu bringen, sich für ihre Taten zu rechtfertigen, aber sie geraten ohne es mitzubekommen lediglich selbst in Rechtfertigungsnot.

Wie auch immer man die Forderungen oder die Aktionen selbst bewerten möchte: Man kommt nicht umhin, zuzugeben, dass die „Letzte Generation“ die wohl geschickteste Polit-PR-Strategie seit Jahrzehnten erschaffen hat. In anderen Ländern gibt es vergleichbare Gruppierungen mit anderen Namen und die globale Aufmerksamkeit verliert sich nicht mehr in allgemeinen Forderungen an die Politik, sondern die Politik wird selbst ungewollt zum Teil der Protest-Performance.

Natürlich hat auch diese Protestform der „Letzten Generation“ ihre Haken und Risiken. Von den dutzenden Staus jeden Tag allein in Berlin wird nie in den Medien berichtet und wenn in einem gewöhnlichen Stau ein Krankenwagen steckenbleibt, was ebenfalls seit vielen Jahren täglich passiert, ist es keine News wert. Aber wenn die „Letzte Generation“ schuld ist, kann die PR-Strategie zum Bumerang werden, insofern tatsächlich mal Menschenleben dadurch in Gefahr geraten sollten. Bislang war dies nicht der Fall. (Auch bei den von Politik und Medien viel wohlwollender begleiteten Protesten der Landwirt:innen übrigens nicht, obwohl sie mit ihren Traktoren noch weit weniger Rettungsgassen ermöglichten.)

Aber wie entwickelt es sich weiter? Und was wird, wenn sich die Protestform nochmal in einen andere Richtung entwickelt? Die Politiker:innen aller Parteien verurteilen die Aktionen einmütig. Denn diese rücken die laschen, unterlassenen und klimaschädlichen Entscheidungen der Regierung in ein schlechtes Licht. Dagegen kann keine noch so gute PR-Abteilung der Parteien, Ministerien oder des Bundeskanzleramts Gegenstrategien entwickeln.

Andererseits gehört die Distanzierung auch zum Kernkonzept und kann der Regierung sogar helfen, als gemäßigt zu erscheinen, sodass die Wahlberechtigten sich zur nächsten Bundestagswahl sagen „lieber nochmal SPD und Grüne wählen, die sind wenigstens nicht so extrem wie die Klimakleber.“ Aber dafür müsste sich wenigstens irgendwas an Ambitionen für eine bessere Klimapolitik andeuten.

Wie steht die PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ zur „Letzten Generation“?

Wir sind uns dessen bewusst, dass die Verhaftungen und Hausdurchsuchungen zwar völlig überzogen und zu verurteilen sind, aber auch zum Selbstverständnis der Aktivist:innen dazu gehören. Denn man bricht absichtlich das Gesetz und steht dazu. Man erkennt den Rechtsstaat und die Demokratie an. Und man will, dass deutlich wird: Ziviler Ungehorsam ist notwendig und im Vergleich zum Verfassungsbruch der Regierung ist es eine geeignete und angemessene Protestform.

Wir unterstützen die Forderungen von Fridays for Future sowie der „Letzten Generation“ für eine bessere Klimaschutzpolitik. Denn wir verstehen uns als die konsequenteste Klimaschutzpartei, da wir zusätzlich auch noch den dringend nötigen Agrarwandel hin zu rein pflanzlicher Biolandwirtschaft in unsere Forderungen mit einbeziehen. Dieser Aspekt fehlt weitestgehend bei den beiden Organisationen.

Ebenso sehen wir die aktuellen Forderungen der „Letzten Generation“ als nicht ausreichend an und vermissen neben der Agrarwende den mangelnden Fokus auf Konzepte sozial gerechter Umsetzung der Klimaschutzmaßnahmen. Wir fordern Klimaschutzmaßnahmen, die mit strukturellen Verbesserungen und einem ethisch-sozialen Gesamtkonzept einhergehen.

Daher solidarisieren wir uns mit den von Repressionen und Anfeindungen betroffenen Aktivist:innen sowie mit den (nicht ausreichenden) Forderungen, aber nicht mit der Organisation als solcher.

Wir möchten in die Parlamente, um dort die notwendigen Veränderungen für die Stimmlosen, Schwächeren und die künftigen Generationen direkt mitzugestalten. Um das zu erreichen, haben wir uns als eine Partei definiert, die besonderen Wert auf soziale Gerechtigkeit und wertschätzenden Dialog mit den Menschen legt.

Denn ohne mehrheitliches Verständnis für die dringend nötigen Veränderungen, um unseren Enkeln und Urenkeln einen lebenswerten Planeten zu übergeben, sind wir alle der Stau – und die rettenden Maßnahmen stecken mittendrin fest. Das Unfallopfer, das Leben auf unserer Erde, wird durch unser aller selbstverschuldeten Uneinsichtigkeiten mit jedem stechend schmerzenden Atemzug schwächer und schwächer…

Think big, save the planet! Tierschutzpolitik goes global.

Am 9. Dezember 2022 trafen sich alle Tierschutz-Parteien der EU zu einer gemeinsamen Konferenz im Europaparlament. Seitens der deutschen Tierschutzpartei nahmen Miriam Broux und Robert Gabel teil.

Die niederländische Partij voor de Dieren gab einen Blick hinter die Kulissen des Parlaments und erklärte Regularien, Erfolge und Hürden bei der Arbeit in den Parlamentsgremien. Insbesondere ist der Agrarausschuss eine Hochburg der konventionellen Landwirt:innen, deren erklärtes Ziel es ist, dass jegliche Agrarreformen zugunsten von Tieren, Menschen und der Umwelt verhindert werden. Hinter ihnen stehen die großen Lobbyverbände und Agrarkonzerne.

Anja Hazekamp erzählte von ihrem anstrengenden alltäglichen Kampf gegen die Agrarlobby, aber auch von mehreren Erfolgen, die maßgeblich sie als Einzelkämpferin und Präsidentin der fraktionsübergreifenden „Animal Welfare Intergroup“ herbeiführen konnte.

So konnte sie etwa im Rahmen der „Farm to Fork Strategy“ erreichen, dass zum ersten Mal offiziell politisch anerkannt wurde, dass durch die Massentierhaltung enorme Risiken entstehen. “Parliament has recognised that intensive livestock farming increases the risk of zoonoses. This is a historic moment because until now criticism of intensive livestock farming was taboo in Brussels.”

Zudem wurde die Gründung einer gemeinsamen europäischen Partei beraten. Es wurde ein Deklarationsentwurf formuliert und erste Satzungsvorschläge sowie die gemeinsamen programmatischen Forderungen besprochen.

Declaration of the European Animal Welfare Parties

In the knowledge about the necessity to have a powerful representation of animal welfare parties in the legislative and executive bodies of all countries and political levels we found a European party with the main focus on animal welfare politics.

Animal welfare and empathy for all beings is key to save our planet andmankind. We want to pinpoint the interdependencies between the wellbeing of animals and humans, biodiversity, ecologicial measures, social justice, sustainable politics for future generations and animal as well human health.

We want to support each other, build professional structures across national borders, coordinate knowledge transfer and networking.

Founding members are:

DierAnimal (Belgium)
Party for Animals (Cyprus)
Eläinoikeuspuolue (Finland)
Parti Animaliste (France)
PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ (Germany)
Party for Animals (Greece)
Party for Animal Welfare (Ireland)
Partito Animalista (Italy)
Partij voor de Dieren (Netherlands)
Pessoas – Animais – Natureza (Portugal)
Partido Animalista Con el Medio Ambiente (Spain)

The founding members plan to officially found the European party in Winter 2023. The next step is to succesfully register an official European party according to EU law.

Brussels, December 11th 2022

Im nächste Schritt ist dann die Gründung der weltweiten Tierschutz-Partei geplant.

Am 10. und 11. Dezember ging es dann weiter mit der Animal Politics World Conference 2022, an der 30 verschiedene Organisationen aus 22 Ländern aus den Bereichen Politik, Umwelt-, Arten- und Klimaschutz teilnahmen. Für die deutsche Tierschutzpartei nahmen Ricarda Scholz, Marcel Krohn, Miriam Broux und Robert Gabel teil.

Die Themen waren sehr vielfältig und Mittelpunkt standen bei dieser Konferenz, die seit vielen Jahren von der niederländischen Animal Politics Foundation organisiert wird, der Zusammenhang zwischen Tierschutz und Klimaschutz sowie Strategien zur Professionalisierung des Aktivismus.

Wichtigste Botschaft der war, dass wir jeden noch so kleinen Fortschritt als Ermutigung verstehen müssen, damit wir nicht aufgeben beim Erreichen der großen Ziele. Und das große Ziel ist nichts weniger als der Schutz aller Lebewesen und das Überleben auf unserem Planeten!

Bericht aus dem Kreistag Vorpommern-Greifswald: CDU/AfD gegen Bio-Tonne

Vorpommern-Greifswald ist einer der wenigen Landkreise in Deutschland, der noch immer keine Bio-Tonne eingeführt hat. Ursache ist der Kreistag, der sich seit Jahren dagegen wehrt und auf die vorhandenen Entsorgungsmöglichkeiten verweist. Somit aber bleibt der Landkreis weit hinter seinen Möglichkeiten zurück.

Robert Gabel, Kreistagsmitglied der Tierschutzpartei, besichtigte vor einigen Wochen gemeinsam mit dem Landtagsabgeordneten Hannes Damm die Kompostierungsanlage Reinberg. Dort werden Biomüll und Grünschnitt aus dem Nachbarlandkreis Vorpommern-Rügen angeliefert. Geschäftsführer Eiko Potreck erläuterte, wie gut das System im Nachbarlandkreis funktioniert und wie der Kompost von den Landwirt:innen der Region gern angenommen wird. Über eine Ausweitung der Anlieferung aus Vorpommern-Greifswald würde man sich durchaus freuen, so war zu erfahren.

Auf der Dezember-Sitzung stimmte die rechte Mehrheit des Kreitags nun zum dritten Mal bereits gegen die Einführung einer Bio-Tonne!

Anja Hübner, Kreistagsabgeordnete der Tierschutzpartei und für die Fraktion „Grüne und Tierschutzpartei“ im Landwirtschafts- und Umweltausschuss, setzt sich leidenschaftlich für die Einführung der Biotonne ein und kennt die Ausreden zu Genüge:

„Es muss nicht zu Mehrkosten kommen, sondern man kann intelligente Abholsysteme einführen, die unterm Strich sogar Kosten sparen. Auch ist der angebliche Plasteanteil durch verbesserte Technik reduzierbar. Man muss technische und organisatorische Lösungen voranbringen, statt gestrige Einstellungen für die Herausforderungen von heute und morgen zu verteidigen. Es muss bei der Einführung der Biotonne auch nicht zwangsläufig zu Mehrkosten kommen, sondern man kann intelligente Abholsysteme einführen, die unterm Strich sogar Kosten sparen. Auch ist der angebliche Plastikanteil durch verbesserte Technik reduzierbar. Man muss technische und organisatorische Lösungen voranbringen, statt gestrige Einstellungen für die Herausforderungen von heute und morgen zu verteidigen.“

Robert Gabel, stv. Fraktionsvorsitzender, ergänzt:

„Der Kompost aus Bioabfällen ist eine wertvolle Bereicherung und dies trotz der zu pauschal gestrickten EU-Düngemittelvorgabe. Dass es dennoch vielerorts bestens klappt, sollte für den Kreistag Vorpommern-Greifswald ein deutliches Signal sein, eine Kehrtwende einzulegen. Vor dem Hintergrund, dass Kunstdünger ein hochproblematisches Importgut ist und Gülle aus Tierhaltung mit großer Ressourcenverschwendung einhergeht, sollten wir umdenken und die Biotonne endlich einführen. Perspektivisch ist es auch dringlich und ratsam, mit Bioabfällen einen Teil der Erdgasproduktion zu ersetzen.“

Ulrike Berger von den Grünen wird ebenfalls deutlich:

„Einmal mehr wurde gestern im Kreistag deutlich: Rein aus ideologischen Gründen lehnt die CDU einen Prüfauftrag zur Biotonne ab, ignoriert dabei Gesetze – wie das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das eine umweltverträgliche Nutzung von Abfällen vorsieht – und Fakten. Dabei ist der Landkreis gemeinsam mit den Landkreisen Vorpommern-Rügen und der Mecklenburgischen Seenplatte Gesellschafterin der OVVD GmbH (Ostmecklenburgisch-Vorpommersche Verwertungs- und Deponie GmbH) und unterhält in Reinberg eine Kompostieranlage. Diese wandelt den Biomüll aus Vorpommern-Rügen zu Kompost um und vermarktet ihn. Aufgrund der gestiegenen Nachfrage, soll die Kapazität der Kompostieranlage zeitnah nahezu verdoppelt werden. Umso unlogischer ist es, dass sich sowohl der Landrat, sein Stellvertreter als auch die CDU-Fraktion die Abnahme des Biomülls in Frage stellen. Biomüll ist wertvoll und wir können es uns ob der aktuellen Energie- und Rohstoffkrise nicht leisten, den Biomüll in Vorpommern-Greifswald ungenutzt zu entsorgen! Wir müssen auch das Rohstoff-Potential aus heimischen Biotonnen für Biogasanlagen nutzen, um unabhängiger von Gasimporten zu werden. Ein weiteres Argument ist die BürgerInnenfreundlichkeit. Es ist nicht sinnvoll, dass die Bürgerinnen und Bürger einzeln und auf ihre Kosten ihren Grünschnitt zu den Wertstoffhöfen fahren und dort in Warteschlangen stehen müssen.“ Quelle

Das Ende der Ostsee-Fischerei: welche verzweifelten Rettungsversuche man sein lassen sollte und was stattdessen Zukunft hat

Unsere Meere sind fast leer gefischt und voll mit Schadstoffen. Insbesondere die Ostsee ist eines der verschmutztesten Gewässer der Erde. Schuld daran sind neben dem geringen Austausch mit Nordsee/Atlantik die Einbringungen der Agrarindustrie und die rostende Weltkriegsmunition, wodurch gefährliche Giftstoffe freigesetzt werden.

Was wären die vernünftigen Schritte der Politik? Die Landwirtschaft ökologischer machen, die Weltkriegsmunition bergen, die Ostsee von Müll befreien. Und vor allem nicht weiter in das Ökosystem eingreifen.

Die Antwort auf sinkende „Fischbestände“ darf nämlich nicht sein, noch mehr Subventionen in die Fischereiindustrie zu stecken oder die Fangquoten zu erhöhen. Die Antwort darf auch nicht sein, andere Tierarten, die als Konkurrenten angesehen werden, zu bejagen.

Fischer wollen nämlich allzu gerne Kormorane, fischfressende Meerestiere und insbesondere Robben töten, um ihr Einkommen zu sichern. Und nicht wenige Politiker von rechts der Mitte gehen leider immer wieder bejahend darauf ein, von der kommunalen bis zur EU-Ebene!

In Greifswald hat die lokale Politik die Situation erkannt und möchte etwas unternehmen. Zum Einen sollen Fische ausgesetzt werden, zum Anderen soll Algenproduktion geprüft werden. Das Aussetzen von Fischen leider nur für den Zweck, damit sie später gefangen und verkauft werden können.

Die Algenproduktion hat jedoch Potenzial, etwas Nachhaltiges zu sein, das die Umwelt schont und zugleich Arbeitsplätze schafft. Doch leider ist es nur eine vage Prüfung, die die Stadt als Projekt der Universität in Aussicht stellt.

Aber man will auch die ansässigen Fischer:innen mit Geldbeträgen unterstützen, damit sie nicht pleite gehen. Und man will Nachwuchs für einen unattraktiven, aussichtslosen Beruf gewinnen, etwa auf Jobmessen.

Die PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ hat sich vehement gegen diese Maßnahmen ausgesprochen, mit Ausnahme der Algenproduktion.

Letztere ist die eigentliche Zukunft, auf die wir dringend umrüsten müssen. Denn aus Algen kann man sehr viele Produkte herstellen, von Medizin über Papier und Zahnpasta zu Textilien oder Pflaster. Und natürlich Lebensmittel. Vor allem Fischersatz oder auch Kaviaralternativen.

Leider wird das Potenzial in der Öffentlichkeit noch immer nicht erkannt. Auch die Ostsee-Zeitung sieht in der Algenproduktion nur ein „ambitioniertes Konzept für ein touristisches Highlight aber von fragwürdiger Wirtschaftlichkeit.“

Die einzig wirklich nachhaltig-wirtschaftliche Perspektive, nämlich der Umstieg auf pflanzliche Alternativen, auf einem boomenden veganen Markt, soll von „fragwürdiger Wirtschaftlichkeit“ sein?

Dabei schreibt die Ostsee-Zeitung in einem Kommentar doch selbst, dass die althergebrachte Fischerei keine Zukunft hat und statt der Fischer vielmehr Statisten gebraucht würden, die den Tourist:innen das historische Treiben eines Fischerdorfes zeigen als auch die Probleme der „Überfischung“ nahebringen.

Schade, dass sowohl Lokalpolitik als auch Lokalzeitung die Potenziale nur teilweise erkennen und es einfach keine mutigen Schritte für zukunftsweisende maritime Arbeitsplätze an der Ostsee gibt.

Derzeit werden Fischbrötchen verkauft, deren Inhalt lediglich zum geringen Teil vor Ort gefischt wird. Oft werden die Fische sogar mit dem Flugzeug aus anderen Kontinenten nach Frankfurt/Main geflogen und von dort an die Ostsee transportiert.

Das Tierleid und die Umweltschäden sind immens. Aber wieso wird immer noch mit Fischereijobs und mit dem Tourismus argumentiert? Was hat denn ein Weizenbrötchen mit Fisch aus dem Atlantik oder dem afrikanischen Viktoriasee für einen Tourismuswert an der Ostsee?

Greifswald täte gut daran, das vielfältige Potenzial von Algen zu erkennen. Insbesondere, aber nicht nur, als wirklich leckere und tatsächlich lokal hergestellten Inhalt von Vischbrötchen!

Reichspogromnacht – Nie wieder!!!

In der Nacht vom 9. November 1938 zum 10. November 1938 wurden deutschlandweit über 7.000 Synagogen, Geschäfte von jüdischen Einzelhändler:innen und Wohnungen von Menschen jüdischen Glaubens in Brand gesetzt oder sonstwie zerstört. Nach Schätzungen des Deutschen Historischen Museums wurden in dieser Nacht weit mehr als 1.300 Menschen aus antisemitischen Gründen ermordet. Es waren Schlägertrupps der SA und der SS, die auf Anordnung der politischen Führung der NSDAP mordeten und plünderten. Organisationen wie die Hitlerjugend und anderer NS-Organisationen, aber auch einfache Bürger:innen beteiligten sich, während der massiv überwiegende Teil der deutschen Bevölkerung zustimmend johlte oder schweigend zusah. Das Datum 9. November steht seitdem als Startpunkt für den größten Völkermord der Geschichte, dem 6 Millionen jüdische Menschen zum Opfer fielen.

Wir als PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ setzen uns für eine tolerante und weltoffene Gesellschaft ein, in der Hass, Gewalt, Rassismus und Antisemitismus keinen Platz haben. Die stets erneuerte Erinnerung an den 9. November 1938 ist wichtig, denn wir haben die Verantwortung, dass sich die mörderische Geschichte nicht wiederholt.

Stellvertretend für die Ereignisse im gesamten Deutschen Reich verlas Robert Gabel am 9. November das Schicksal der Greifswalder Jüdinnen und Juden bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Greifswalder Marktplatz:

Eine Greifswalderin schrieb als Augenzeugin über die Anprangerung des jüdischen Professors Josef Kreißl folgendes: „Eines Vormittags, aufmerksam gemacht durch Trommelschläge (…) wurde (ich) Zeuge, wie Professor Kreißl, ein älterer weißhaariger Mann, ehrwürdiger Bürger unserer Stadt (…) mit einem großen Schild um den Hals Ich bin Jude durch die Lange Straße getrieben wurde. Vor ihm Trommler, hinter ihm mehrere SA-Leute, die ihn anspeiten. (…) Erhobenen Hauptes, die seine Würde als Jude dokumentierte, nahm er von all dem, was ringsherum geschah, keine Notiz.“

„Spontan entlud sich der Volkszorn“ – so überschrieb die Greifswalder Zeitung im November 1938 einen Artikel über die Ereignisse in der Nacht vom 9. zum 10.11.1938, der so genannten Reichspogromnacht. Im gesamten Deutschen Reich brannten die Synagogen, wurden jüdische Geschäfte und Wohnungen demoliert, als Juden deklarierte Menschen misshandelt, verhaftet und ermordet. Die Reichspogromnacht markierte den Übergang von der zunehmenden Diskriminierung und Ausgrenzung der deutschen Jüdinnen und Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung, die kurze Zeit später in die Shoa mündete.

Wenigen ist bekannt, dass es auch in Greifswald seit Mitte des 19. Jahrhunderts eine eigenständige Synagogengemeinde gab, die 1868 zu Höchstzeiten 120 Mitglieder zählte. Diese hatte einen eigenen Betraum im Hinterhaus des Markt 13, später in der Langen Straße 32. Seit 1860 gab es sogar einen eigenen jüdischen Friedhof in der Gützkower Landstraße. Jüdische Menschen waren in Greifswald vor allem in der Wissenschaft und als Kaufleute tätig. Durch ihr berufliches und privates Wirken bereicherten sie das Kultur- und Wirtschaftsleben der Hansestadt.

Doch schon Ende des 19. Jahrhunderts ließen sich in der Bevölkerung zunehmend antisemitische Tendenzen erkennen. An der Universität lehrten zu dieser Zeit auch verhältnismäßig viele bekennende Antisemiten wie Ernst Moritz Arndt, Friedrich-Ludwig Jahn und Friedrich Rühs. Dementsprechend schnell verbreiteten sich diese Ansichten unter der Studentenschaft; 1881 wurde der durch tiefen Judenhass geprägte „Verein Deutscher Studenten“ gegründet. Dieses sich durch viele Gesellschaftsschichten ziehende Klima, ist wohl für den Rückgang der jüdischen Bevölkerung auf 46 Menschen im Jahr 1933 verantwortlich.

Mit dem Machtantritt Hitlers verschärfte sich die Lage zusehends. Erste Betroffene, der kurz nach dem Reichstagsbrand im Februar 1933 erlassenen Verordnungen und Gesetze waren jüdische Hochschullehrer, Studierende und Geschäftsleute. So blockierten, wie im gesamten Deutschen Reich, auch in Greifswald am 1. April 1933 zahlreiche NSDAP-Anhänger die Geschäfte jüdischer Menschen, forderten die Passanten zum Boykott auf und warfen Scheiben ein. Einen Monat später verbrannten dann Nationalsozialisten auf dem Greifswalder Markt öffentlich Schriften marxistischer, pazifistischer und jüdischer Schriftsteller:innen.

Zu dieser Zeit wurde auch der so genannte Arierparagraph erlassen, der verfügte, dass die Zahl der jüdischen Studierenden den Prozentsatz von 1,5 nicht überschreiten dürfe. Eigenmächtig setzten in Greifswald die Studentenführer in Absprache mit den Dekanen diesen Prozentsatz um das Zehnfache herab. Die Greifswalder Universität machte sich also schon lange vor dem 1938 folgenden Gesetz „judenfrei“. Auch viele jüdische Professoren mussten die Universität verlassen; der Direktor der Greifswalder Nervenklinik Prof. Edmund Forster nahm sich nach seiner Amtsenthebung das Leben.

Angeheizt wurden die antisemitischen Aktionen durch die faschistische Presse. So gab die Pommersche Zeitung 1935 als Wochenendbeilage den „Judenspiegel“ heraus, welcher die jüdischen Mitbürger:innen auf schlimmste diffamierte. Gleichzeitig damit wurde eine umfangreiche Liste der jüdischen Geschäftsleute in Umlauf gebracht mit der Aufforderung diese zu boykottieren. Als im Herbst 1935 die Nürnberger Gesetze verabschiedet wurden, begann auch für die Jüdinnen und Juden in Greifswald eine neue Phase der Verfolgung. Es wurden nun auch die letzten jüdischen Professoren ihres Amtes enthoben, an ihre Stelle traten exponierte Nazis, beispielsweise der Anatom Prof. August Hirt, welcher für seine jüdische Schädelsammlung gezielt Insassen von Konzentrationslagern töten ließ.

Auch der Besuch von öffentlichen Schulen wurde für jüdische Kinder immer unerträglicher, was sich am Beispiel der Familie Futter zeigt. Ein Zeitzeuge erinnerte sich: „Mit einem Sohn der Familie Futter besuchte ich seit 1933 die Mittelschule in der Mühlenstraße. Soviel ich weiß, gab es bis 1935/1936 keine Probleme mit den Mitschülern und Lehrern. Erst als wir einen neuen Direktor bekamen, wurde das 1936 anders. Der Judenjunge wurde isoliert.“ Die Eltern der Jungen erkannten die Gefahr frühzeitig und schickten sie nach Berlin, von wo sie sich kurz vor Kriegsausbruch nach England retten konnten. Das Ehepaar Futter, das bis 1938 ein Geschäft in der Brüggstraße besaß, wurde jedoch 1943 ermordet.

Mit dem Ziel die jüdischen Menschen komplett aus dem wirtschaftlichen Leben zu verdrängen, wurde im Frühjahr 1938 die Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden erlassen. Demnach mussten nun alle jüdischen Geschäfte registriert und als solche kenntlich gemacht werden. Auch die letzten vier in Greifswald existierenden Geschäfte waren davon betroffen. Entgegen der nationalsozialistischen Propaganda können die Ereignisse in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 nicht als Reaktion des spontanen Volkszorns auf die Ermordung eines deutschen Diplomaten durch einen Juden bezeichnet werden. Sie sollten vielmehr, die im Frühjahr begonnene gesetzliche „Arisierung“, sprich die Zwangsenteignung jüdischen Besitzes und jüdischer Unternehmen, planmäßig beschleunigen, mit der auch die deutsche Aufrüstung finanziert wurde.

Und so sammelten sich auch in Greifswald am Abend des 9. Novembers 1938 vor allen jüdischen Geschäften und Wohnungen die Nationalsozialisten. Dabei kam es laut Zeitzeugenberichten zur Demolierung und Verwüstung des Bekleidungsgeschäftes von Salo Biermann in der Langen Straße 32, des Korsettgeschäftes von Johanna Joel in der Langen Straße 39 und des Ladens von Georg Feldmann in der Gützkower Straße 39. Einen Abend später hallten die Worte „Die Juden sind unser Unglück“ über den Greifswalder Marktplatz, wo die NSDAP zu einer Großkundgebung aufgerufen hatte.

Für die 24 Menschen jüdischer Herkunft und jüdischen Glaubens, die laut Volkszählung 1939 noch in Greifswald lebten, wurde der Alltag durch die unzähligen, sie entrechtenden Gesetze schier unbezwingbar. Else Burchard, Friederike Julie, Georg Feldmann und Paula Stein schafften es nicht mehr rechtzeitig zu fliehen und wurden in der Nacht vom 12. zum 13. Februar 1940 mit mehr als tausend anderen Jüdinnen und Juden aus dem Regierungsbezirk Stettin aus ihren Wohnungen geholt und mit einem Eisenbahntransport nach Lublin deportiert. 1942 brach der Briefkontakt zu ihnen ab. Fast alle Deportierten wurden ermordet. Damit lebten in Greifswald 1942 offiziell keine jüdischen Menschen mehr.

Quelle: https://docplayer.org/109027701-Eines-vormittags-aufmerksam-gemacht-durch-trommelschlaege-wurde-ich-zeuge-wie-professor-kreissl-ein-aelterer-weisshaariger-mann-ehrwuerdiger.html
Robert Gabel beim Gedenken an den 9. November auf dem Greifswalder Marktplatz (OZ, Christoph Gottschalck)

Hedwig & Hermann Cohn: Hermann Cohn wurde 1869 in Greifswald geboren. Hier, am Greifswalder Marktplatz, führte der Kaufmann ab 1896 ein Textilgeschäft, später ein Möbelgeschäft. Sein Vater Theodor Cohn war hier bereits als Kaufmann tätig. Hermann heiratete Hedwig aus Stavenhagen, das Ehepaar hatte zwei Söhne. Der ältere Sohn fiel 1914 im 1. Weltkrieg in Flandern, mit 18 Jahren. Hermann war aktives Mitglied der jüdischen Gemeinde in Greifswald, die von 1877 bis 1922 einen Betsaal nutzte, der über das Gebäude Markt 13 betreten wurde. 1929 verließen Hermann und Hedwig Greifswald und zogen nach Berlin. Von dort wurde das Ehepaar am 11. Juni 1942 nach Theresienstadt deportiert, wo schon am 26. August Hedwig und wenige Tage später Hermann ums Leben kam.

Julius, Thea, Hans & Gert Futter: Thea Zippert heiratete den Kaufmann Julius Futter und lebte mit ihm in der Brüggstraße 12, wo Julius einen Rohproduktenhandel betrieb. Thea und Julius Futter wurden beide in der Provinz Posen geboren. 1922 kam der erste Sohn Gert zur Welt, 1923 der zweite Sohn Hans. Nach dem Pogrom im November 1938 wurde Julius Futter in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht, wo er bis Dezember 1938 inhaftiert war. Hans und Gert kamen 1939 mit einem Kindertransport nach England. So überlebten sie den Holocaust, sahen ihre Eltern jedoch nie wieder. Julius und Thea Futter zogen nach Berlin. Von dort wurden sie am 12. Januar 1943 nach Auschwitz deportiert und bald darauf ermordet.

Jenni & Salo Simon: Eugenie Simon wurde 1877 in Zirke geboren und kurz Jenni genannt. 1930 meldete sie in Greifswald den Handel mit Lebensmitteln aller Art in der Kuhstraße 19 an. 1935 stellte sie ihr Gewerbe ein. Salo Simon wurde 1878 in Sternberg geboren. 1921 gründete er in Greifswald eine Grundstücks- und Hypothekenvermittlung. Später kam der Handel mit Kurzwaren als weiteres Gewerbe hinzu. In Greifswald brachte sich Salo Simon in das Leben der jüdischen Gemeinde ein. Am 12. Februar 1940 wurden sie in das Ghetto Piaski in der Nähe von Lublin deportiert. Dort kam Salo Simon am 15. Oktober 1941 ums Leben, das Todesdatum von Jenni Simon ist unbekannt.

Johanna Joel: Johanna Joel wurde 1865 in der Altmark geboren, seit 1900 lebte sie in Greifswald. Sie verbrachte fast 40 Jahre hier, darüber hinaus wissen wir heute nur wenig über sie. In den Greifswalder Adressbüchern, in Werbeinseraten in der damaligen Lokalzeitung und in den Akten der jüdischen Gemeinde taucht ihr Name und ihr Geschäft auf. In der Langen Straße 79 führte Johanna von ungefähr 1900 bis 1938 ein Korsett- und Miederwarengeschäft. Ende 1938 musste sie es aufgeben. 1940 wurde sie im Alter von fast 75 Jahren in das von der Wehrmacht besetzte Polen deportiert. Wohin genau, ist unbekannt, genau wie die Umstände ihrer Ermordung. In Greifswald ließ sie 30,91 Reichsmark zurück, aufgeführt im „Verzeichnis der von den evakuierten Juden hinterlassenen Geldbeträge“.

Dr. Gerhard Mamlok: Gerhard Mamlok wurde 1897 in Greifswald geboren. Er wuchs in der Langen Straße 68 auf. Sein Vater Max Mamlok hatte bis zu seinem Tod ein Wäsche- und Aussteuergeschäft, das nach seinem Tod von Gerhards Mutter weitergeführt wurde. Gerhard studierte ab 1917 an der Greifswalder Universität Jura. 1920 wurde er promoviert. Nach seinem Studium war er als Anwalt in Berlin tätig. Mit dem Beginn der Herrschaft der NSDAP durfte er nur noch jüdische Klient:innen vertreten. Von Berlin wurde er aber am 5. September 1942 nach Riga deportiert und dort am 8. September ermordet.

Dr. Rudolf Kaufmann: Rudolf Kaufmann wurde 1909 in Königsberg geboren und wuchs dort auf. Nach dem Abitur studierte er in Königsberg und München. 1930 wechselte er an die Universität Greifswald, um am geologisch-mineralogischen Institut zu forschen. Im Februar 1933 wurde er zum Doktor der Philosophie promoviert. Da Rudolfs Großeltern jüdisch waren, verlor er nach dem Inkrafttreten des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ seine Stelle an der Universität. Er lebte dann für einige Zeit in Dänemark und Italien und kehrte 1935 nach Deutschland zurück. Wegen angeblicher „Rassenschande“ wurde er 1936 zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren verurteilt. Nach seiner Entlassung 1939 kehrte er zurück nach Königsberg, von wo er nach Litauen floh. Nach der Besetzung Litauens durch die Wehrmacht wurde er 1941 von deutschen Soldaten auf der Straße erkannt und erschossen.

Simon Michels: Simon Michels wurde 1853 in Regenwalde geboren. In Greifswald wohnte er von 1905 bis 1926 mit seiner Frau Sophie und zwei Töchtern und zwei Söhnen. Die Familie lebte vom Verkauf von Uhren, Manufakturwaren, Kurzwaren und Herrenkleidung. Simon gehörte der jüdischen Gemeinde an und war zeitweise einer ihrer Repräsentanten. 1926 zog die Familie Michels nach Bamberg. Dort starb Sophie Michels 1939. Im Alter von 89 Jahren kam Simon am 22. September 1942 in Theresienstadt ums Leben. Sein verwitweter Sohn Erich und sein Enkel Fritz wurden von den Nationalsozialisten ermordet, ebenso die zwei Töchter und deren Ehemänner.

Helene, Fritz, Else & Helga Walter: Helene wurde 1884 in Duisburg geboren. 1922 zog sie mit ihrem Ehemann Siegfried Weißenberg nach Greifswald. In der Langen Straße 22 hatte die Familie ein „Agentur- und Kommissionsgeschäft Trikotagen und Konfektion“ angemeldet. Der Kaufmann Fritz Walter übernahm das Geschäft nach dem Tod Siegfried Weißenbergs. 1932 heirateten Fritz Walter und Else Weißenberg. 1937 wurde ihre Tochter Helga hier geboren. Helene zog 1939 nach Berlin, über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Ob Familie Walter ebenfalls nach Berlin umzog, ist nicht bekannt. Else und ihre fünfjährige Tochter Helga wurden 1942 nach Riga deportiert und dort direkt nach ihrer Ankunft ermordet.

Dr. Gerhard Dagobert Knoche: Gerhard Knoche wurde am 11. September 1893 in Berlin geboren. In Greifswald studierte er Geschichte und Philosophie und wurde am 20. März 1924 durch die Philosophische Fakultät promoviert. Er erhielt seinen Doktortitel für die Arbeit „Die Juden unter den Karolingern“. 1939 wurde ihm im Zuge der systematischen Ausgrenzung und Entrechtung von jüdischen Menschen der Doktortitel aberkannt. Während des Zweiten Weltkrieges emigrierte er nach Holland, am 21. April 1943 wurde er von Amsterdam nach Theresienstadt deportiert, von dort am 28. September 1944 nach Auschwitz. Das Datum seiner Ermordung ist unbekannt. Im Jahr 2000 wurde die Aberkennung seines Doktortitels für Unrecht erklärt und er wurde zusammen mit 80 weiteren Doktor:innen der Universität Greifswald rehabilitiert.

Prof. Dr. Edmund Forster: Edmund Forster wurde 1878 in München geboren. Nach seinem Medizinstudium war er unter anderem Mitarbeiter an der Charité in Berlin. 1916 wurde er Professor an der Universität Gent. In seiner Arbeit spezialisierte er sich auf die neurologischen und psychologischen Folgen von Hirnverletzten. 1925 wurde er an die Universität Greifswald berufen, wo er Direktor der Nervenklinik war. Er lebte in der Ellernholzstraße 2. Im Sommer 1933 wurde er von NS-Gefolgsleuten denunziert und infolgedessen am 31. August 1933 von seinem Amt als Hochschullehrer beurlaubt. Mit seiner Beurlaubung verlor er auch alle seine Ehrenämter. Wenige Tage später tötete sich Forster selbst.

Friederike & Georg Feldmann: Friederike wurde 1887 und Georg 1884 geboren, beide in der Provinz Posen. Das Ehepaar Feldmann betrieb hier in der Gützkower Straße 39 ein Geschäft für Feinkost, Kolonialwaren und Spirituosen. Auch nach den Pogromen im November 1939 blieben Friederike und Georg in Greifswald. Im Februar 1940 mussten sie die Stadt verlassen und wurden am 12. Februar von Stettin aus in das Ghetto Bełżyce südlich von Lublin deportiert. Friederike und Georg gehören zu den 434.508 Personen, die nachweislich im Vernichtungslager Bełzec am Südrand des Lubliner Landkreises ermordet wurden. Das Lager war ein knappes Jahr in Betrieb, nach der Schließung im Frühjahr 1943 vernichtete die SS alle Spuren der Massentötungen. Nur zwei Überlebende des Vernichtungslagers Bełzec sind bekannt.

Paula Sichel & Alice Weismann: Alice Sichel wurde 1869 in Mainz geboren, ihre Schwester Paula 1882. Alice heiratete Jakob Weißmann, der Professor für Strafrecht an der Universität Greifswald war. Nach seinem Tod im Jahr 1917 lebte sie mit ihrer Schwester Paula in der Robert-Blum-Straße. Nach längeren Bemühungen konnten die beiden Schwestern im Juni 1939 nach Charlottelund bei Kopenhagen zu einer weiteren Schwester ausreisen. Aber auch in Dänemark waren sie vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten nicht sicher. Am 6. Oktober 1943 wurden beide in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Alice starb dort nach wenigen Tagen, Paula am 9. März 1944.

Quelle: https://pfd-greifswald.de/2021/02/02/neue-broschuere-zu-den-stolpersteinen-in-greifswald-erschienen/

#BoycottQatar2022

Ich unterstütze die vehemente Kritik an der Entscheidung, dass die WM 2022 von Katar ausgerichtet wird, und rufe dazu auf, dass diese Kritik auch in vielfältiger Form praktisch gelebt wird.

Es ist ein wichtiges Zeichen an die Verantwortlichen bei der FIFA und in Katar, wenn sich immer mehr Menschen, Sportvereine, Städte, Parteien, Politiker:innen, NGOs und Unternehmen der weltweiten Boykottbewegung anschließen. Von Flensburg über Frankfurt/Main nach Augsburg machen auch bereits viele Städte in Deutschland mit. Greifswald soll folgen, fordern Anja Hübner und ich in der Bürgerschaft der Universitäts- und Hansestadt.

Je niedriger die Einschaltquoten, je weniger Kneipen die Spiele zeigen, je weniger Public Viewing stattfindet, je lauter auf die Missstände hingewiesen wird – umso besser sind die Chancen, dass „Sportswashing“ künftig keine Chance mehr hat und dass das Regime in Katar umdenkt. Die Vergabe der FIFA an Katar war rein politisch und nicht aus sportlichen Gründen, also muss es politischen Protest dagegen geben!

Tausende Menschen starben beim Bau der Stadien in Katar. Viele waren aufgrund des Kafala-Systems nahezu rechtlos. Die Situation für Frauen, Minderheiten und die politische Opposition in Katar ist grausam und menschenfeindlich. Menschenrechte und Demokratie werden mit Füßen getreten. Ökologisch ist die WM in der Wüste ebenfalls ein Desaster.

Zudem unterstützte und finanzierte Katar Terrororganisationen wie Hamas, Hisbollah und die Taliban. Die katarische Regierung sympathisiert mit dem iranischen Regime, welches wiederum eine existenzielle Bedrohung für seine eigene Bevölkerung und den Frieden im Nahen Osten darstellt. Gerade Deutschland muss sich aber für die Sicherheit Israels und aller Staaten der Region einsetzen!

Ich schließe mich dem Aufruf von #BoycottQatar2022 und dem Offenen Brief mit der Forderung nach einem Entschädigungsfonds für die Arbeitsmigrant:innen an.

Tier“wohl“-Label ist lediglich ein Testballon, ob man mit solchen Maßnahmen tierschutzpolitisches Profil gewinnen kann.

Wie finden Sie das neue Tierwohl-Label?

In der Abbildung sehen Sie den vorgesehenen Platz für ein 100 Kilogramm schweres Schwein. Bedeuten 1,1 Quadratmeter statt 0,9 Quadratmeter oder statt nur 0,75 Quadratmeter Platz mehr Tier“wohl“?

Würden Sie sich auf so einem kleinen Raum eingesperrt „wohl“ fühlen?

Wäre es angemessen, wenn die Existenz eines Fensters definieren würde, ob Sie sich wohl zu fühlen haben oder nicht?

Wäre ein Auslauf von 1,0 Quadratmeter zusätzlich zum engen Stall der Maßstab des Wohlfühlens für Sie?

Für Menschen unvorstellbar. Für Schweine aber soll es Tier“wohl“ bedeuten. Aber nicht einmal gesetzlich vorgeschrieben! Sondern lediglich als Hinweis auf den Verpackungen der Tierqualprodukte.

Die Konsument:innen sollen auf diese Weise „Transparenz“ und „Verbraucherschutz“ erhalten. Um die Tiere geht es gar nicht. Denn für sie ändert sich ja nichts.

In vielen Fällen werden die Konsument:innen womöglich bewusst zu Produkten der niedrigsten Haltungsform greifen, weil sie dann ein besonders preisgünstiges Schnäppchen vermuten!

Hinzu kommt die Tatsache, dass das Label nur direkt für Schweinefleisch vorgesehen ist und nicht für andere Produkte, in denen Schweinefleisch enthalten ist, wie etwa Wurst, Suppen, Fertiggerichte oder Speisen in Restaurants, Imbissen etc.

Und andere Tiere sind ebenfalls nicht von der neuen Kennzeichnung betroffen, sondern folgen erst später.

Transport und Schlachtung werden grundsätzlich nicht mit einbezogen bei der Vergabe der Labels. Dort kann also weiterhin ohne „Transparenz“ und „Verbraucherschutz“ agiert werden.

Und weiterhin wird es den Kastenstand und viele andere unfassbare Zustände geben.

Und eine gesamteuropäische Lösung ist auch nicht in Sicht. Wie die Tiere im Ausland gehalten werden, erfährt man weiterhin nicht.

Alles in allem: Um Tier“wohl“ geht es nicht. Es ist nur ein Testballon, ob man mit solchen Maßnahmen tierschutzpolitisches Profil gewinnen kann.

Die PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ fordert ganz klar, dass endlich mit echten Gesetzesinitiativen begonnen werden muss, die Tierqual und Tierausbeutung reduzieren und beenden können!

Das Tierwohl-Label mindert die unsäglichen Qualen der Tiere voraussichtlich kein bisschen. Es wird alles weiter gehen wie bisher: täglich werden Millionen Schweine, Fische, Rinder, Hühner, Puten, Schafe, Ziegen, aber auch Wildschweine, Rehe und andere Wildtiere für ein paar Sekunden „Geschmack“ unendlich leiden. Es wird weiterhin für die Tieragrarindustrie unsere Umwelt zerstört werden. Es werden künftig weitere Zoonosen und Seuchen entstehen. Und diese Bundesregierung wird wohl ebenfalls in die Geschichtsbücher als Lobbypartnerin der Tierqualindustrie eingehen.

Rede auf der Greifswalder Mahnwache „Russland macht süchtig und kalt“ am 24. September 2022

8. Mahnwache in Greifswald für Solidarität mit der Ukraine

Das Thema Ukraine/Russland ist ein sehr komplexes und umstrittenes Thema in Deutschland. So gut wie jedes Wort erzürnt irgendjemanden. Und daher hielten sich die Menschen in Deutschland bislang auch weitestgehend zurück.

Gegen den Irakkrieg gingen hunderttausende auf die Straße. Aber gegen Putins Krieg sieht es leider anders aus. Es ist eine traurige Wahrheit, dass in Deutschland die Sanktionspolitik schärfer kritisiert wird als das verbrecherische Vorgehen Russlands. Es ist eigentlich zum Schämen. Aber es ist so normal, dass sich niemand mehr darüber wundert. Außer die Ukrainer:innen, die hierher gekommen seid, weil euer Land jeden einzelnen Tag seit 8 Monaten zerschossen wird. Ihr stellt jeden Monat erneut fest, dass es die Deutschen erstaunlich wenig interessiert. Und ich habe mich jedes mal dafür geschämt.

Seit einigen Wochen sind Deutschlands Straßen und Plätze wieder voll. Aber nicht um Putins Russland und den russischen Angriffskrieg zu kritisieren. Nein. Weil man die Sanktionen gegen Russland beendet haben will! Kürzlich etwa in Lubmin und in Stralsund, wo sogar der dortige Oberbürgermeister zur Demonstration aufrief. An dieser Stelle aber Dank an unseren Greifswalder OB Fassbinder, der ja öfters hier an unseren Mahnwachen teilnahm.

Es ist natürlich auch ein berechtigtes Anliegen, dass die Energiekosten nicht Existenzen ruinieren und dass die Regierung etwas zur Sicherung von Betrieben und Familien machen muss. Das seh ich selbstverständlich genauso.

Aber ich würde niemals solch einen Stumpfsinn wie die Öffnung von Nord Stream II fordern, denn das ist keine Lösung. Wer Nord Stream II öffnen will, wie bspw. die rechtsextremistische Identitäre Bewegung, stellt sich bewusst oder unbewusst auf Putins Seite und verbreitet seine Kriegslügen.

Denn es gäbe genug funktionierende Gasleitungen. Es braucht die zweite Nord Stream Leitung nicht und noch nie, zu keinem Zeitpunkt, hätte es sie gebraucht! Bereits lange vor Beginn des Kriegs gegen die Ukraine war das klar. Das hat sogar das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung in einer Studie aus dem Jahr 2018 nachgewiesen und das Ergebnis dieser Studie war allen Entscheidungsträger:innen in Deutschland bekannt!

Nord Stream II ist umweltpolitisch falsch, da es für das Ökosystem Ostsee massive Schäden bedeutet, und Nord Stream II ist geopolitisch falsch. Und schon immer falsch gewesen, da es ausschließlich den Zweck hatte, die ukrainischen Gaspipelines zu umgehen und Deutschland noch abhängiger von russischem Erdgas zu machen.

Erdgas ist keine Energieform der Zukunft, sondern verzögert die Energiewende hin zu sauberer Energieerzeugung und ist an sich bereits klimaschädlich. Neuste Messungen ergeben, dass sogar noch mehr Methan bei der Förderung entweicht als bislang angenommen.

Am Ostseestrand wurde Giftmüll aus dem Pipelinebau angespült, der Boden der Ostsee wurde aufgewühlt, seltene Tierarten wurden in ihrem Habitat gestört. Das Genehmigungsverfahren war fehlerhaft, wichtige Dokumente wurden nicht berücksichtigt. Und dennoch wurde der Bau vorangetrieben. Wie konnte das geschehen?

Obwohl all die Jahre bekannt war, dass es keine Nord Stream II Leitung benötigt, hat Russland ein Beeinflussungsnetzwerk gesponnen und insbesondere bei SPD und CDU Politiker:innen eingebunden, um Nord Stream II politisch durchzusetzen. Und das hatte erschreckenderweise sogar funktioniert! Das geostrategische Ziel Russlands war, die Ukraine zu umgehen und Deutschland noch abhängiger von russischem Erdgas zu machen.

Es ist auch erstaunlich, wie gut SED-Kader aus der DDR eingebunden waren. Mittlerweile stehen einige dieser Personen, die jahrelang ein Geflecht zur Durchsetzung von Nord Stream II gesponnen haben, auch auf Sanktionslisten. Und das ist gut so.

Unsere Partei, die PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ, war übrigens die einzige Partei, die sich stets auch gegen das Sponsoringverhalten der Nord Stream AG aussprach. Denn die erkaufte sich das Wohlwollen in der Region durch Geldgeschenke, so finanzierten sie das Ladebower Klärwerk oder Schulausstattungen. Wir sammelten sogar gemeinsam mit Fridays For Future Geld, sodass die Stadt das Geld von Nord Stream ablehnen konnte, aber politisch war das leider nicht mehrheitsfähig am Ende.

Nord Stream II war ein Teil der Vorbereitung auf den Krieg, Nord Stream II war ein Wirtschaftskriegsinstrument im Krieg gegen die Ukraine – und Deutschland sollte zum Mittäter gemacht werden!

Ich freue mich über jede Partei und jede:n Politiker:in, die eine Kehrtwende eingelegt haben und sich nun klar gegen Nord Stream stellen und genauso freue ich mich über alle Bemühungen, komplett von fossilen Energieträgern wegzukommen.

Die Zukunft liegt in erneuerbaren, sauberen Energien und in einer freien, souveränen Ukraine! Slava Ukraini.