Bericht aus der Bürgerschaft Greifswald und dem Kreistag Vorpommern-Greifswald

Haushalt 2023/2024 – unsere Forderungen für Klimaschutzfinanzierung

Fast alle unsere Änderungsvorschläge wurden im fraktionsübergreifenden Änderungsantrag bereits übernommen, wofür wir uns bei Grünen, Linken und SPD herzlichst bedanken! Wir forderten, dass ausreichende Summen für folgende Maßnahmen in den Haushalt eingefügt werden:

  1. Konzepterstellung Klimaneutralität 2035: Greifswald soll nicht erst 20250, sondern bereits 2035 Klimaneutralität erreichen, so ein früherer Beschluss der Bürgerschaft. Hierfür reicht es aber nicht, dass lediglich verwaltungsintern eine Schmalspurvariante angedacht wird, denn das birgt das Risiko, dass irgendwelche ungeeigneten Maßnahmen im Blindflug angegangen werden und das Ziel am Ende nicht erreicht wird. Wir brauchen: externe Expertise und Gutachten, neue Analysesoftware zur städtischen Klimabilanzierung, Evaluierung und Anpassung der Maßnahmen. Die Verwaltung gibt uns in einer schriftlichen Beantwortung unserer Anfrage Recht, dass sie es neben ihrer eigentlichen Arbeit nicht erledigen können und wir konnten uns letztlich mithilfe der anderen Bürgerschaftsparteien links der Mitte durchsetzen!
  2. Einrichtung des Klimafonds: Wir forderten 70.000 Euro für Klimaschutzinitiativen, die unbürokratische Hilfen benötigen, und konnten uns mithilfe der anderen Parteien, insbesondere der Grünen, die sich ebenfalls dafür aussprachen, letztlich durchsetzen.
  3. Schaffung einer Stelle für Nachhaltigkeitsmanagement: Auch hier konnten wir gemeinsam mit den anderen Parteien diesen Stellenwunsch durchsetzen und hoffen auf zügige und kompetente Besetzung!
  4. Umrüstung der Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Technik: Wir fordern eine sofortige Umrüstung mithilfe entweder eigener Haushaltsmittel oder per Contracting. Contracting bedeutet, dass externe Firmen die Maßnahmen vorfinanzieren und sich aus den Energieersparnissen der folgenden Jahre vergüten. Denn durch LED lassen sich 60 % bis 90 % der Beleuchtungskosten sparen. Dadurch kommen in wenigen Jahren viele Millionen Euro zusammen, die man für sinnvolle kommunale Aufgaben verwenden könnte! Die Vorteile liegen auf der Hand: die Stadt tut aktiv etwas für ihre Klimabilanz, spart viele Millionen Euro und ist dennoch langfristig Eigentümerin der Straßenbeleuchtung. Was wir leider nur bekamen: die Mittel für städtische LED-Umrüstung werden 2023 verdoppelt – was einer Umrüstungsquote von 5 % entspräche, also viel zu wenig – und die Verwaltung legt ein Gutachten zur Machbarkeit von Contracting noch in diesem Jahr vor. Wir konnten uns mit unserem eigentlichen Ziel daher nur teilweise durchsetzen.
  5. Zudem forderten wir eine auskömmliche Summe zur Erstellung eines kommunalen Klimasparbriefes. Der Oberbürgermeister sagte dankenswerterweise zu, entsprechende Gespräche mit der Sparkasse zu führen und die Verwaltung verwies darauf, dass der Klimafonds (siehe oben) ausreichen müsse, um auch den Anschub für Klimasparbriefe mitzufinanzieren. Wir glauben nicht daran, dass dies ausreichen wird und forderten eine zusätzliche Summe von 5.000 Euro. Diese sollten auch für Mieterstrommodelle und Energiegenossenschaften eingesetzt werden können. Fast schon ein symbolischer Betrag und wir rechneten damit, dass unser Kompromiss eine Mehrheit in der Bürgerschaft finden wird. Leider konnten wir uns damit nicht durchsetzen, da sich Grüne und SPD enthielten und die rechte Seite der Bürgerschaft grundsätzlich gegen Klimaschutzfinanzierung eingestellt ist.
  6. Schließlich legten wir auch eine Deckungsquelle vor, um unsere Forderungen finanzieren zu können. Wir schlugen vor, eine der beiden neuen Stellen in der Führerscheinstelle auf eine halbe Stelle zu reduzieren. Denn wir können auch nach einer Darlegung der Verwaltung keinen Sinn erkennen, weshalb zwei volle zusätzliche Stellen notwendig sein sollten. Leider stimmte keine einzige Fraktion unserem Finanzierungsvorschlag zu, wir konnten uns hier also leider nicht durchsetzen. Wie das große Haushaltsminus ab 2024 bekämpft werden soll, verrieten sie auch nicht und unsere Anregung einer Gewerbesteueranhebung wurde schon in den Beratungen abgelehnt.

Wir halten es grundsätzlich für wichtig, dass Klimainitiativen nicht nur Bittstellende bei der Stadt sind, sondern dass sich die Stadt als solche committet. Das ist auch ein wichtiges Signal in der Anschubphase jeglicher Projekte – es ist ein Anliegen der Stadt, sie steht dahinter.

In Sachen Mieterstrom sowie Energiegenossenschaft wird sich sicherlich was bewegen. Entsprechende Initiativen haben sich bereits gebildet und es wird hier voraussichtlich gute zivilgesellschaftliche Unterstützung geben und andersherum wird – so unser Wunsch – die Stadt diese Initiativen unterstützen.

Zudem hatten wir zahlreiche andere Änderungsanträge zum Doppelhaushalt unterstützt und werden weitere finanzwirksame Maßnahmen in den kommenden Monaten einbringen, so etwa die Finanzierung der Wildvogelauffangstation.

Hotelsteuer

Sehr viel Aufruhr gab es wegen der neu eingeführten Hotelsteuer in Greifswald. Wir konnten uns mit unserer Forderung einer niedrigeren Steuerhöhe für günstigere Hotelzimmer durchsetzen, aber auch die regulären 5 % Hotelsteuer erzürnten die Hotelbetreibenden. Sie machten geltend, dass die Einnahmeprognosen auf falschen Daten beruhen würden und nicht nur die Gäste, sondern auch sie selbst sowie die Stadt als solche belastet würden. Die Verwaltung musste eine neue Berechnung der Einnahmeprognose erstellen, die aber nicht sehr viel von der ursprünglichen abwich. Am Ende hing der Haushaltsplan 2023/2024 von der bereits beschlossenen Hotelsteuer ab und der Wunsch, die Steuer rückgängig zu machen, wurde nicht erfüllt. Wir machten auf Kompromisslösungen aufmerksam, die aber nicht aufgegriffen wurden. Am Ende stimmten wir gegen die Rücknahme der Hotelsteuer, werden sie aber kritisch evaluieren und über Alternativmodelle oder notfalls eine Streichung diskutieren.

Parkgebührenerhöhung

Wir setzten uns für eine sachgemäße und faire Anhebung der Gebühren für das Anwohner:innenparken ein, aber forderten soziale Flankierung. In der beschlossenen Variante sind unsere beiden Forderungen enthalten: 1. Inhaber:innen des „Kultur- und Sozialpass“ bezahlen nur die Hälfte. 2. Ratenzahlung ist möglich. Diese neue Gebührenordnung ist Teil des nachhaltigen Verkehrskonzepts von Greifswald, das wir unterstützen.

Katzenschutzverordnung

Da die Verwaltung seit über einem Jahr noch immer nicht ihrem im Kreistag mehrheitlich beschlossenen Auftrag nachkam, eine Katzenschutzverordnung zu erstellen, haben wir selbst eine erarbeitet. Diese legten wir dem zuständigen Ausschuss vor, aber der Kreisveterinär war mit diesem Vorgehen nicht einverstanden und machte die mangelnde Informationslage geltend. Denn in der Tat braucht es gesetzlicherweise Wissen darüber, wo genau im Landkreis das Problem mit Katzen, die auf der Straße leben, am größten ist. Wir sind der Bitte des Kreisveterinärs nachgekommen und haben eine Gremienrunde Aufschub gegeben. Wir hoffen sehr, dass wir dann endlich zur nächsten Kreistagssitzung die Katzenschutzverordnung für Vorpommern-Greifswald beschließen können!

Anschlusszwang Kleingärten

Der Kreistag hatte eine Satzungsänderung beschlossen, da die Kreisverwaltung behauptete, dass eine neue Rechtsprechung einen Müllgebühren-Anschlusszwang erfordern würde. Später stellte sich heraus: die neue Rechtsprechung betraf einen anderen Sachverhalt. Nicht nur die Kleingartenbesitzenden empörten sich zurecht, sondern der Aufschrei ging quer durch alle Fraktionen, sowohl in der Bürgerschaft als auch im Kreistag. Es ist eine eindeutige Ungerechtigkeit, dass die Menschen doppelt von Gebühren belastet werden, obwohl sie gar nicht doppelt so viel Müll produzieren! Im Gegenteil, fällt durch den Eigenanbau von Lebensmitteln gerade weniger Verpackungsmüll an.

Über 5.000 Unterschriften wurden innerhalb weniger Tage gegen diese Dreistigkeit gesammelt und ein Gutachten des Bundestags wurde eingeholt. Es gab daraufhin sowohl in der Bürgerschaft als auch im Kreistag heftige Wortgefechte und emotionale Beiträge aus Politik und Ehrenamt. Während man in der Greifswalder Bürgerschaft einen überfraktionellen Konsens erarbeitete, bissen wir uns im Kreistag die Zähne am harten Kurs der rechten Fraktionen aus – sie blieben stur! Vize-Landrat Hasselmann von der CDU sagte lediglich zu, dass er für Ausnahmen bereit sei, wenn Gärten beweisen, dass sie keinerlei Müllaufkommen haben und die Greifswalder CDU fand eine Mehrheit für ihren Vorschlag, dass der Anschlusszwang entfällt, wenn sämtliche Gartenbesitzenden einer Anlage im undefinierten Umkreis der Anlage wohnen. Wir werden Handhabung und tatsächliche Verhalten der Kreisverwaltung kritisch begleiten.

Geflüchtetenunterkunft

Landrat Michael Sack (CDU) ist zuständig für die Verteilung von Geflüchteten im Landkreis. In dieser Verantwortung fragte er die Gemeinden an, wo man etwa Container“dörfer“ errichten könnte. Angeblich gab es nur eine positive und geeignete Standortrückmeldung: aus Greifswald. Oberbürgermeister Fassbinder (Grüne) hatte nämlich seine zuständige Verwaltung, mit Bausenatorin Jeannette von Busse (CDU) an der Spitze, beauftragt, mögliche Standorte zu eruieren, die man der Kreisverwaltung mitteilen könne. Und mögliche Standorte wurden gefunden – ob Greifswald wirklich Container für Geflüchtete haben will, ist damit noch lange nicht gesagt. Und wie viel Standorte die anderen Gemeinden im Kreis melden würden, war damit auch noch nicht bekannt.

Was dann geschah, sprengt aber jede Vorstellung: 500 Menschen, teils auf Krawall aus und aus dem rechtsextremen Spektrum stammend, versammelten sich vor der Ortsteilvertretung Ostseeviertel, wo die Unterkünfte gebaut werden könnten, bedrängten den Oberbürgermeister und riefen dazu auf, sich vor seinem privaten Haus zu versammeln. Für sie ist der Schuldige der grüne Oberbürgermeister und Szenen wie in Upahl spielten sich ab.

Grüne, SPD, Linke und Tierschutzpartei lehnen Container für Geflüchtete ab, denn sie möchten dezentrale Unterbringung, und zwar möglichst im gesamten Landkreis. In vielen Städten gibt es hohen Wohnungsleerstand. Diese Gemeinden bräuchten dringend 9 Millionen Euro zur Sanierung ihrer Wohnungen – aber leider genehmigte der Kreistag diese Summe zur Anschaffung von Containern. Wir werden weiterhin für menschliche Unterkünfte kämpfen. Denn Greifswald ist sicherer Hafen und kein Containerhafen!

Wir fordern die Kreisverwaltung auf, von ihrem Vorhaben abzusehen und nochmals zu prüfen, welche dezentralen Möglichkeiten es gibt. Ein entsprechender Änderungsantrag unserer Fraktion fand im Kreistag sogar eine knappe Mehrheit!

Wir fordern alle Gemeinden im Kreis und die Kreisverwaltung auf, sich diesem Ziel auch wirklich zu widmen und an Lösungen im Sinne der Geflüchteten und der Bürger:innen unseres Landkreises zu arbeiten! Es ist somit absehbar, dass es der politische Streit eskaliert. Container können als letzte Möglichkeit verhindern, dass Turnhallen für die Unterbringung  verwendet werden. Aber dies muss sorgfältig geplant werden, mit den Bürger:innen zusammen.

Leider wurde neben unserem Änderungsantrag auch der nicht durchdachte Verwaltungsantrag mit den Containern beschlossen und sogar noch ein unsäglicher CDU-Änderungsantrag, der die Regierung auffordert, den „migrationspolitischen Sonderweg Deutschlands“ zu beenden.

Robert Gabel machte im Kreistag darauf aufmerksam, dass es überhaupt keinen Sonderweg Deutschlands, sondern lediglich einen Sonderweg Ungarns gibt, das deutlich vom EU-Durchschnitt der pro-Kopf-Aufnahme von Asylantragstellenden nach unten hin abweicht. Besonders peinlich für die CDU: Teile der Sachdarstellung ihres Änderungsantrags waren einfach aus einer älteren Rede eines baden-württembergischen Bundestagsabgeordneten, der mit Philipp Amthor in der AG „Innen und Heimat“ sitzt, rauskopiert worden.

Werte CDU Vorpommern: wer die AfD rechts überholen will, wird keine Wahlen gewinnen, sondern nur Wahlwerbung für das rechtsextreme Original machen!