Frieden schaffen! Teil III

Die Position und konkreten Forderungen des Bundesvorstands der PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ zur Wiederherstellung und zum Erhalt des Friedens in Europa

Der Überfall auf die Ukraine markiert eine „Zeitenwende“, heißt es. Das stimmt, denn es gibt einen zivilisatorischen Rückfall in die Zeit noch vor dem Kalten Krieg und wir müssen vieles neu denken, anders handeln.

Mit dem Überfall auf die Ukraine liegt weder ein Verteidigungsfall noch ein Bürgerkrieg vor. Und es ist auch nicht nur ein Überfall Russlands auf die Ukraine, sondern nichts weniger als die brutale Durchsetzung eines imperialistischen Großmachtstrebens zur Bekämpfung des Westens als Feind. Und es ist auch nicht ein halbdemokratisches Regime, das Krieg zur Wahrung bestimmter Interessen führt, sondern eine faschistoide Diktatur, die ihre menschenverachtende, nationalklerikale und zutiefst reaktionäre Ideologie in Eurasien militärisch durchsetzen will.

Was aber ist zu tun, um diesen Wahnsinn zu stoppen? Die Bundesregierung nutzt die „Zeitenwende“, um das Militärbudget aufzustocken, und will diesem Vorgang sogar Verfassungsrang geben. Dies ist einerseits zur Abschreckung Putins gedacht, andererseits soll nach innen bewiesen werden, dass man nicht tatenlos bleibt. Angesichts der Überweisung von hunderten Millionen Euro täglich nach Moskau, mit denen Deutschland per Rohstoffimporten ganz wesentlich den Krieg Russlands finanziert, erscheint dieser Aktionismus aber zutiefst verlogen.

Worum geht es also wirklich? Die einmaligen 100 Milliarden Euro sind eine gigantische Summe und sollen eine „Unterfinanzierung“ der letzten Jahre ausgleichen. Doch mit über 50 Milliarden Euro ist das jährliche Haushaltsvolumen für Verteidigung bereits jetzt schon sehr hoch. Deutschland hat eines der höchsten Militäretats der Welt. Nur sechs Staaten geben mehr für Rüstung und Verteidigung aus!

Unklar ist, für was genau die neuen Gelder verwendet werden sollen. Es gibt eine Liste an Beschaffungen, die vor allem Munition, Kampfflugzeuge und Kampfdrohnen umfasst. Zusätzlich zu den 100 Milliarden, die innerhalb der nächsten Jahre möglichst unbürokratisch ausgegeben werden sollen, ist geplant, den Verteidigungsanteil am Gesamthaushalt langfristig auf über 2 % anzuheben. Was soll damit bezahlt werden? Letztlich werden Aufträge an Rüstungskonzerne damit abgedeckt werden, die gigantisch teure Waffentechnologie liefern. Zwischenzeitlich hieß es, dass ein Arrow-Raketenabwehrsystem angeschafft werden soll, wogegen natürlich wenig einzuwenden gewesen wäre.

Deutschland ist bereits hochgerüstet

Der Verteidigungshaushalt Deutschlands ist aber nicht „unterfinanziert“, sondern allein in den letzten 6 Jahren um 30 % gestiegen und aktuell auf Rekordniveau. Die Militarisierung Deutschlands hat zugenommen und die Abschaffung der Wehrpflicht hat lediglich davon abgelenkt. Die Wehr- und Dienstpflicht war in Friedenszeiten sowieso nur ein Kostenfaktor und störte bei der Aufrüstung.

Im Kriegsfall jedoch kommt es auf gut ausgebildete Spezialkräfte, technisches Know-how, vernünftige interne Strukturen und effektives Management sowie die richtige militärische Strategie und Taktik und nicht zuletzt auf erfolgreiche Diplomatie an. Weniger auf die Quantität von Waffen und Menschen. Die Wiedereinführung einer Dienstpflicht wird dennoch diskutiert – es soll offenbar das ganze Programm für ein Wiedererstarken Deutschlands sein.

Dies weckt Erinnerungen an die deutsche Geschichte. Zwei Weltkriege gingen von Deutschland aus, zig Millionen Tote waren die Folge. Angesichts dieser historischen Schuld gilt es zu hinterfragen, ob ausgerechnet Deutschland immer weiter und weiter aufrüsten sollte. Die PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ sieht sich dem Pazifismus verpflichtet und warnt eindringlich vor einer Remilitarisierung!

Westliche Werte auf Frieden bauen

Es muss deutlicher werden, dass die „westlichen Werte“ nicht für Angriffskriege stehen. Das Ansehen der NATO wurde durch diverse Einsätze so stark beschädigt, dass es mitunter leicht war, Menschen davon zu überzeugen, dass Demokratie, Pluralismus und Freiheit keine erstrebenswerten Gesellschaftsideale wären. Zu sehr gerieten sie in Verdacht, nur Feigenblatt für militärisch durchgesetzte Wirtschaftsinteressen zu sein. Auch daher muss unser Ziel sein, strikt für Frieden und Völkerverständigung einzutreten und die Wehrhaftigkeit der uns so wichtigen Werte des Zusammenlebens selbstbewusst und stark, aber eben nicht aggressiv auszubauen!

Fakt ist auch, dass wir Verteidigungsbündnisse brauchen. Es darf sich nicht lohnen, Länder anzugreifen. Ein Krieg muss überall und stets die schlechteste Option sein zur Durchsetzung eigener Interessen. Nur muss ein Verteidigungsbündnis eben auch ein Verteidigungsbündnis sein und als solches eine strikt defensive Ausrichtung besitzen. Es gilt, durch Alternativstrategien wie die „abschreckende Verteidigung“ die Gefahren einer Angriffsrüstung zu bannen und keine neuerlichen Rüstungsspiralen in Gang zu setzen. Zudem sollten Verteidigungsbündnisse aufs Engste mit den Vereinten Nationen und ihren regionalen Unterorganisationen – im Falle Europas also mit der OSZE – zusammenarbeiten.

Auch die EU hat eine Beistandsverpflichtung für ihre Mitgliedsländer. Diese gilt es, zu konkretisieren und die Aufnahme der Beitrittsanwärter wohlwollend zu prüfen. Kommt ein EU-Beitritt aus guten Gründen doch nicht in Frage, müssen den Bedürfnissen und Machbarkeiten angepasste Formen der Kooperation und des Beistands geschaffen werden. Die Solidarität der europäischen Demokratien muss ausgebaut werden!

Aber auch die Sicherheitsinteressen von Staaten außerhalb der EU und ihrer unmittelbaren Einflusssphäre müssen berücksichtigt werden, denn Frieden schafft man immer nur miteinander.

Die Ukraine hat das Recht auf Verteidigung

Als pazifistische Partei verurteilen wir jegliche Aufrüstung und sehen Waffenexporte äußerst kritisch. Insbesondere darf von deutschem Boden kein Krieg ausgehen und darf kein Krieg unterstützt werden. Unser Land ist verantwortlich für zwei Weltkriege und muss angesichts dieser historischen Schuld besonders Maß halten in allen rüstungspolitischen Entscheidungen! Die bundesdeutsche Politik hat sich aber leider bereits seit vielen Jahren dazu entschieden, Waffen zu exportieren und dies sogar in Krisenregionen.
Wir sehen aber das Recht der Ukraine, sich durch militärische und nichtmilitärische Hilfe aus dem Ausland vor dem Überfall Russlands zu schützen. Und insbesondere gilt es, eine Ausweitung der russischen Aggressionen auf andere europäische Länder zu verhindern. Präventive Maßnahmen und die Lieferung von defensiven Waffen, wenn sie dazu dienen, Leben zu retten, ist daher zu befürworten.

Wir befürworten zudem deutlich strikte gemeinschaftliche und allumfassende wirtschaftliche Sanktionen als ultima ratio. Also einen kompletten Ausschluss aus dem SWIFT-System und den Stopp der Rohstoffimporte aus Russland. Wir setzen darauf, dass die internationale Gemeinschaft geschlossen handelt und der russischen Regierung und den staatlichen sowie privaten Konzernen sowie Oligarchen aufzeigt, dass sie nur zusammen mit dem Rest der Welt ihre Geschäfte tätigen können. Denn wir sind eine Welt und alle voneinander abhängig!

Europäischen Zusammenhalt stärken

Die Geschlossenheit in der EU litt durch Brexit, Trump, Flüchtlingsdebatte und Rechtsstaatlichkeitsdefizite massiv. Wir müssen die jetzige Krisensituation als Warnsignal verstehen und wieder über Gemeinsamkeiten und Werte debattieren. Wir müssen näher zusammenrücken. Wer eine Friedensordnung in Europa sichern will, muss sofort die indirekte Kriegsfinanzierung Russlands stoppen, muss die Geschlossenheit aller demokratischen Staaten in Europa wiederherstellen und muss in Friedensstrukturen investieren.

Das bedeutet für die Wirtschafts-, Agrar- und Energiepolitik, dass wir die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern auf null runterfahren, das unbegreiflich hohe Risiko durch Atomkraft beenden, die Umweltrisiken durch Massentierhaltung, Klimagase und Regenwaldrodung stoppen müssen. Denn Risiken für Konflikte steigen immens, wenn wir diese Fehlentwicklung fortsetzen und andersherum bedeuten Konflikte stets, dass aus diesen Fehlentwicklungen Katastrophen werden können. Wer etwa Uran braucht, wird dafür Kriege führen – Kriege wiederum stellen unkontrollierbare Risiken für Atomkraftwerke dar.

Das bedeutet aber auch, dass wir Investitionen in den Aufbau Demokratie sichernder Strukturen tätigen müssen. Wir müssen das Budget für Bildung und Forschung deutlich ausbauen, müssen die Sozialausgaben zur Abfederung etwa der klimapolitischen Herausforderungen erhöhen, müssen die entwicklungspolitischen Ausgaben erhöhen.

Auch internationale Organisationen – insbesondere die UN, bei denen es in der Tat angebracht ist, von chronischer Unterfinanzierung zu sprechen – sind zu stärken. Das alles kostet wirklich viel Geld und bedarf internationaler Kraftanstrengungen. Krieg und Militär fressen dieses Geld jedoch auf, binden Ressourcen, zerstören Möglichkeiten!

Wichtig ist aktuell, die flüchtenden Menschen aus der Ukraine aufzunehmen, sie zu versorgen und ihnen bestmögliche Hilfe im Alltag zukommen zu lassen. Hierbei muss es egal sein, welcher Herkunft und welchen Geschlechts die Flüchtenden sind. Viele Geflüchtete bringen ihre Haustiere mit. Die ohnehin schon traumatische Situation sollte nicht noch dadurch verschlimmert werden, dass Mensch und Tier getrennt werden. Unterkünfte sind daher so auszustatten, dass Haustiere mitgenommen und artgerecht versorgt werden können.

Wir hoffen zudem, dass die Situation der ukrainischen Geflüchteten zu mehr Empathie gegenüber allen von Flucht und Vertreibung betroffenen Menschen führt!

Kriegslügen enttarnen

Als Kriegsursache wird häufig angeführt, dass die NATO Zusagen im Rahmen der Osterweiterung gebrochen hatte, dass sie als Kriegsbündnis eine Gefahr für Russland sein würde und dass es um eine „Entnazifizierung“ der Ukraine gehen würde.
Diese Rechtfertigungsrhetorik des Angriffs auf die Ukraine lehnen wir deutlich ab! Vielmehr zeigt sich derzeit für die Staaten des ehemaligen Warschauer Pakts, wie wichtig es für sie war, in der NATO integriert zu sein. Verträge, die eine Osterweiterung untersagen, hatte die NATO weder mit dem Warschauer Pakt noch mit Russland geschlossen. Aber Russland hat die völkerrechtlich vertraglich festgehaltene Zusage, im Tausch mit den ukrainischen Atomwaffen die Souveränität der Ukraine voll anzuerkennen, nicht eingehalten!

Die NATO hatte sich zwar entgegen einer mündlichen Aussage weiter nach Osten ausgedehnt, das stimmt. Dies geschah jedoch unter anderen Bedingungen und wer diese damaligen Aussagen aus dem Jahr 1990 als Begründung für den Überfall auf die Ukraine im Jahr 2022 anführt, hat zur Prämisse, dass Russland als Nachfolge der Sowjetmacht Ansprüche darauf hätte, die Bündniswahl souveräner Staaten zu bestimmen. Diesen Anspruch darf jedoch weder die NATO noch Russland haben.

Auch ist es zwar korrekt, dass Ukrainer im Zweiten Weltkrieg teils auch aufseiten Hitlerdeutschlands kämpften und dass es auch aktuell nicht wenige Rechtsextremisten in der Ukraine gibt. Insbesondere sind sie seit Jahren in der von russischen Separatisten besetzten Donbasregion aktiv. Doch ist deren Einfluss auf die ukrainische Politik marginal; seit 1990 schaffte es eine nationalistische Partei nur ein einziges mal über die 5%-Hürde und schon zwei Jahre später, zu vorgezogenen Neuwahlen, lag sie wieder drunter.

Das ist nichts im Vergleich zum Einfluss der Rechtsextremisten in Russland auf die Moskauer Politik, die schon längst nicht mehr demokratisch ist. Putin selbst verweist in seinen Reden oft positiv auf Stalin, der den Internationalismus beendete, die Sowjetunion strikt nationalistisch ausrichtete und insbesondere die ukrainische Bevölkerung unterdrückte. Oft wird auch auf den seit Jahren wachsenden und besorgniserregenden Einfluss des Duginismus und die Macht von Militärkreisen und Geheimdiensten hingewiesen.

Seit Jahren kämpfen russische neonazistische Paramilitärs weltweit zur Durchsetzung russischer Interessen und seit vielen Jahren führt Russland bereits mehrere Kriege im In- und Ausland. In der Ukraine hingegen wurde ein jüdischer Nachkomme von Holocaustüberlebenden auf demokratische Weise zum Präsidenten gewählt. Es ist also völlig absurd, zu behaupten, die Ukraine müsse „entnazifiziert“ werden. Es ist vielmehr ein putinistischer Kampfbegriff, mit dem alles vermeintlich russlandfeindliche bezeichnet werden soll.

Nachhaltigkeit, Soziales und internationale Kooperationen ausbauen

Die wichtigsten Faktoren zur Wahrung des Friedens sind: Diplomatie auf Regierungs- und Parlamentsebene, Verflechtungen durch Handel, Kooperationen bei staatlichen und zivilgesellschaftlichen Projekten, Kulturaustausch und zwischenmenschliche Beziehungen, der freie Austausch von Ideen. Das gilt es zu fördern, statt Aufrüstungsstrukturen zu schaffen.

Wir stehen an der Seite der ukrainischen Bevölkerung und anerkennen die Notwendigkeit, sich zu verteidigen. Die Menschen haben das Recht, sich gegen Raketen auf ihre Städte, auf ihre Krankenhäuser und Wohngebäude zu wehren. Sie haben aber auch das Recht, unabhängig von Geschlecht und Herkunft, vor Krieg und Wehrdienst zu fliehen.

Zudem muss klar sein: es wird nicht nur die Ukraine verteidigt, sondern auch die Zukunft Moldawiens, des Baltikums, Georgiens, Osteuropas und letztlich die Zukunft aller Demokratien, wenn es darum geht, dass antidemokratische Atommächte ihre Gebietsansprüche in Eurasien nach und nach durchsetzen könnten.

Wir sagen jedoch: Nein nur Remilitarisierung Deutschlands. Dies wäre kein Beitrag zum Frieden, sondern der Grundstein für das Aufkeimen von Kriegsrisiken und das Grab für die so dringend notwendigen Reformen, die uns den Frieden nachhaltig sichern können.

Wir fordern daher die Bundesregierung auf, dass sie auf den Militär-Sonderfonds von 100 Milliarden, auf rein quantitative Aufrüstung, Wehrpflicht und teure Beraterverträge verzichtet. Stattdessen müssen Investitionen im Rahmen der Energie-, Verkehrs- und Agrarwende getätigt werden, muss Förderung in nachhaltige Technologien, in Soziales, in Bildung und in internationale Zusammenarbeit und Sicherheitsstrukturen sowie Stärkung der UNO fließen. Gerade in den kommenden Jahren heißt das Gebot: Zukunft gestalten, Demokratie stärken, Friedensstrukturen schaffen, abrüsten!