Tiertransporte nach Zentralasien: Versorgungsstationen gnadenlos verdreckt oder gar nicht existent!

Die hessische Landestierschutzbeauftragte und drei Amtstierärzte machten sich auf den Weg, um die gesetzlich vorgeschriebenen Stopps für Tiertransporte auf der Route nach Zentralasien zu besuchen. Mit über 7.000 Kilometern ist es eine der längsten Strecken für Tiertransporte außerhalb der EU. Insgesamt gibt es in Russland nur zwei behördlich anerkannte Stationen, beide direkt hinter der weißrussischen Grenze. Die anderen sind in katastrophalem Zustand oder gar nicht existent!

Nach dem Streckenkilometer 4.000 gibt es gar keine (!) Möglichkeiten mehr, die Tiere für Pausen zu entladen und zu versorgen. Transporte nach Kasachstan und Usbekistan sind somit mit Tierschutzvorschriften nicht vereinbar!

Jedes Jahr werden zwischen 60.000 und 80.000 Rinder von Deutschland aus in Länder außerhalb der EU transportiert. Stets ist es mit unendlichen Qualen verbunden, in den Transportern, bei der Entladung und insbesondere bei der Schlachtung in den Ländern, da die dortigen Regeln und Praktiken kaum den EU-Tierschutzvorgaben entsprechen.

Im Rahmen des Tierschutzes wäre eine Pause nach 29 Stunden Fahrt notwendig. In dieser Pause müssen sie entladen, gefüttert und getränkt werden und sich ausreichend erholen für den stressigen Weitertransport. Bereits zuvor gab es stellenweise Kontrollen und die Listen mit den katastrophalen Mängeln wurden der Bundesregierung vorgelegt. Die aber unternahm nichts. Dr. Madeleine Martin, hessische Tierschutzbeauftragte, sagt dazu:

„Man darf kritisch fragen, ob den Verantwortlichen auf Bundesebene die bestehenden Probleme nicht bekannt waren, oder sie die Augen davor verschließen.“„Fehlende angemessene Fütterung, Tränkung und keine Möglichkeit, sich von den erheblichen Anstrengungen solch einer Fahrt zu erholen, führen bei Rindern auf derartigen Transporten zwangsläufig zu langanhaltenden, erheblichen Leiden. Zum ersten müssen die Veterinärbehörden anderer Bundesländer endlich aufhören, weiter Transporte nach Usbekistan zu genehmigen. Sie machen sich mitschuldig an dieser Tierquälerei. Zum zweiten hat der Bund endlich seiner Verpflichtung nach zu kommen und die Situation in allen Drittländern, in die Deutschland Rinder exportiert, zu überprüfen. Es ist zu klären, wo es Versorgungsstationen gibt, für wie viele Tiere diese Stationen geeignet sind und in welchem Zustand sie sich befinden.

Der vollständige Bericht ist hier zu finden:
https://umwelt.hessen.de/sites/default/files/media/hmuelv/09-09-2019_russland_report_-_mit_bildern_und_unterschriften_-_endfassung_heheffuma.pdf

Zwingend vor jedem Transport müssten daher ab sofort folgende Aspekte überprüft werden:

  • Transportplanung (auch unter Berücksichtigung des Besamungszeitpunktes)
  • Reservierungsnachweis für alle zum Entladen und Versorgen eingeplanten Stationen
  • Auswertung der Navigationsdaten in Echtzeit
  • Auswertungen der Achsengewichtmessungen zu den Standzeiten an den Entlade- und Versorgungsstationen zusätzlich zu Ladegewicht
  • Zeitnaher Rücklauf des Transportbuchs mit Stempel der örtlich zuständigen Behörde des Drittlandes

Grundsätzlich müssen diese Sofortmaßnahmen eingeleitet werden, um die Situation zu verbessern:

  • Erstellung einer Liste aller von russischen Behörden anerkannten/registrierten Entlade- und Versorgungsstationen in der Russischen Föderation
  • Weitergabe dieser Liste an die Bundesländer, die anderen EU Mitgliedstaaten bzw. an die EU-Kommission
  • Validierung der Versorgungsstationen durch deutsche und/oder europäische Behörden zur Einhaltung der europäischen Standards (siehe „High Quality Control Post“-Leitlinien) bzw. Erfassung, ob eine adäquate Situation vorliegt, und eine Listung der registrierten Stationen. Dies ist zwingend erforderlich, da die Registrierung durch die russischen Behörden die Anforderungen des Tierschutzes weitgehend unberücksichtigt lässt (z.B. Mögliche Aufnahme von Tierarten).
  • Stichprobenartige, möglichst unangekündigte Überprüfung der gelisteten Versorgungsstationen (hinsichtlich des Managements und der tatsächlichen Durchführung von Entladung und Versorgung der Tiere) vor Ort im Betrieb durch o. g. Behörden oder externe Kontrollinstitutionen.